[MD] Blockieren ist unser Recht!

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Am 17. Juni 2013 haben wir den Offenen Brief, gerichtet an Oberbürgermeister Lutz Trümper, an die Presse, wie auch an alle Magdeburger Stadträte geschickt. Kernaussage des Briefes ist die Feststellung, dass eine ausbleibende Distanzierung des OBs von politischen Inhalten der JN seinem Ansehen schade. Durch die mediale Verwertbarkeit der abgebildeten Freundlichkeit im Umgang mit der JN spielt das eben dieser selbst in die Hände. Die erste Reaktion dazu leistete der parteilose Stadtrat Oliver Wendenkampf mit einem Schreiben vom 18.06.2013. Wendenkampf sprach uns seine Anerkennung für konsequentes antifaschistisches Engagement aus und bekundete Missfallen über Trümpers Reaktionsarmut.

 

Am 20.06.2013 veröffentlichten die Magdeburger Nachrichten eine wütende Erklärung des Oberbürgermeisters zu einem “im Internet kursierenden Foto”. Trümper gibt darin an, dass es am 6. Juni am Wissenschaftshafen im Rahmen einer umfassenden Handschüttelaktion zur freundlichen Geste gegenüber JN-Chef Knape kam und die Veröffentlichung des Fotos nicht mit ihm abgesprochen sei. Er bewertet die Veröffentlichung durch die JN Sachsen-Anhalt als “primitiven Demagogieversuch”. Das Foto und seine Entstehungsgeschichte habe er zudem am 12. Juni dem Team des Fernsehmagazins “Kontraste” erkläutert. Der Video-Beitrag wurde am Folgetag gesendet. Mehr habe er dazu nicht zu sagen. Im Interview erklärt Trümper, er sei von Knape “überrumpelt” worden.

 

Schon im nächsten Absatz seiner Stellungnahme geht Trümper in die Offensive und verortet die seines Erachtens Verantwortlichen für die “Verleumdungskampamge” gegen ihn beim Bündnis Magdeburg Nazifrei. Das Bündnis habe die Grenzen politischer Kultur auf unerträgliche Art überschritten. Zudem habe sich das Bündnis Magdeburg Nazifrei als “Partner demokratischer Kräfte im Kampf gegen nationalistische und fremdenfeindliche Tendenzen in unserer Gesellschaft disqualifiziert”. Das Bündnis habe bewiesen, dass es selbst auf eine “Masche” hereingefallen sei, denn Neonazis suchen die Mitte der Gesellschaft und tarnen sich als “Wolf im Schafspelz”. Dann greift Trümper noch den “bisher” von ihm sehr geschätzten Pascal Begrich, Geschäftsführer des Vereins Miteinander Magdeburg, an, weil dieser eine Erklärung von OB Trümper benötige. Begrich hatte zuvor der Volksstimme gegenüber erklärt, dass es eine “Masche” der Neonazis sei, “Personen des öffentlichen Lebens zu überrumpeln und sich anschließend mit gemeinsamen Fotos zu brüsten”. Begrich entlastet dabei Trümper, in dem er formuliert: “Aber in der konkreten Situation ist aus unserer Sicht dem OB kein Vorwurf zu machen.”
 
Wir haben nichts in verleumderischer Absicht erfunden oder hinzugedichtet, sondern uns ausschließlich auf jederzeit nachvollziehbare Fakten bezogen. Lutz Trümper hat am 6. Juni dem JN-Chef am Wissenschaftshafen die Hand geschüttelt. Dabei trug Knape ein T-Shirt mit einem JN-Aufdruck. Diese Szene wurde fotografiert und das Foto von Knape ins Internet gestellt. Sich zur Veröffentlichung mit Trümper abstimmen zu müssen, ist dafür nicht erforderlich. Dass Knape ein Interesse daran hat, Lutz Trümper mit kompromittierenden Fotos zu schaden, beweist auch eine neue Veröffentlichung, die Trümper Seite an Seite und in freundlicher Eintracht mit dem NPD Pressesprecher Sachsen-Ahalt, Michael Grunzel, zeigt. Herkunft des Fotos sowie Kontext und Entstehungszeitraum sind uns nicht bekannt. Andy Knape veöffentlichte dieses Foto am 21. Juni auf seinem Facebook-Profil. Grunzel bestätigte die Echtheit. Dieses Bild spreche eine “unverfälschte Sprache” kommentiert Knape. Auf diesem Foto lächeln beide und scheinen sich gut zu verstehen. Von einem Kampf gegen nationalistische und fremdenfeindliche Tendenzen in unserer Gesellschaft ist dort jedenfalls nichts zu sehen.

 

In unserem Offenen Brief vom 11. Juni haben wir versucht, das Foto mit Trümper und Knape in einen politischen Kontext zu stellen, der es Neonazis in Magdeburg besonders leicht macht, politisch aktiv zu sein. Das Foto mit OB Trümper und Knape (und auch mit Trümper und Grunzel) ist für uns nur der bildlich manifestierte Ausdruck einer mangelhaften Auseinandersetzung in vielen Bereichen der politischen Kultur.

 

Wir agieren in einem Kontext, in dem eine Meldung des Lokalsenders Radio SAW, wonach “linke Gruppen” Anschläge auf Hochwasserschutzanlagen durchgeführt hätten und weitere planen sollen, unkritisch geglaubt und massenhaft in virtuellen Netzwerken verbreitet wird und die schlimmsten Gewaltfantasien offenlegt. Die verursachende Meldung wird vom Sender weder korrigiert, noch mit weiteren Erkenntnissen zum unklaren Hintergrund der Drohung “entschärft”. Eine Klarstellung aus dem Innenministerium erfolgt ohnehin nicht. Die tägliche Bedrohung durch rechte Gewalt, die sich nicht nur gegen Antifaschist_innen und Linke richtet, sondern auch gegen alles “Fremde”, wird konsequent verharmlost und ignoriert. Ein  rassistisch motivierter Angriff auf eine Gruppe Austauschstudenten der German Jordanien University vor einem Studentclub wird als “Schlägerei” getarnt und den Opfern dabei eine Mitschuld angedichtet. Vor diesem Hintergrund lässt OB Trümper sich vom JN-Chef “überrumpeln” und klagt öffentlichkeitswirksam die Kritisierenden als Verursachende einer “Verleumdungskampagne” an. Ob auch NPD-Grunzel Oberbürgermeister Trümper für gemeinsame Fotos überrumpeln musste, ist bisher unklar.

 

Die Grenze, die wir als Magdeburg Nazifrei in diesem Fall ganz bewusst überschritten haben, ist das duldsame Miteinander im braunen Sumpf und das stille Versprechen der “demokratischen Partner”, einander keine Nachlässigkeiten im Kampf gegen Rechts vorzuwerfen. Dass OB Trümper unsere Grenzüberschreitung “unerträglich” findet, die uns als Partner im Kampf gegen Rechts disqualifiziere, negiert die Tatsache, dass es eine Unterstützung auch seinerseits für Blockaden nicht gab. Der OB verlangt für die Gewährung seiner Unterstützung von allen Partnern im Kampf gegen nationalistische und fremdenfeindliche Tendenzen in unserer Gesellschaft, nicht nur ein Demokratiebekenntnis, sondern auch spezielle Aktions- und Protestformen. Unsere Forderung, Naziaufmärsche zu blockieren, gehört nicht in den Katalog der unterstützenswerten Aktionen. Was Trümper von Blockaden hält, hat er bereits am 12.01.2013 vor laufender Kamera erklärt: “Nichts!”.

 

Unsere politische Kultur haben wir damit bewiesen, die Zusammenhänge zu thematisieren und  in einem Offenen Brief über die Wirkung solcher Bilder aufzuklären.  Dass es auch sachliche Kommentare dazu geben kann, beweist der Brief von  Oliver Wendenkampf und die breite Unterstützung, die unserem Anliegen zuteil wird.  Dass es bisher keine weiteren Reaktionen aus dem Stadtrat gibt,  bestätigt unsere Vermutung, dass Kritik – wenn sie denn stattfindet -  kaum für Außenstehende wahrnehmbar wird.

 

Hochmotiviert bereiten wir uns auch in diesem Jahr auf den kommenden Januar vor. Wir werden die Mobilisierung auf die besondere Situation in Magdeburg abstimmen. Auch zukünftig werden wir Blockaden organisieren. Blockaden sind legitim.

Mit antifaschistischen Grüßen

Bündnis Magdeburg Nazifrei




Veranstaltungshinweise:

September

  • 01.09.2013 Täterspuren-Radtour ("Radeln gegen Rechts"/"Friedensfahrt")
  • 12.09.2013 Vortrag mit Freerk Huisken: Der demokratische Schoß ist fruchtbar...Das Elend der Kritik am Neofaschismus 
  • 18.09.2013 Premiere "No Pasaran!" in Newcastle und Magdeburg: https://vimeo.com/68204503

Oktober

  • Podiumsdiskussion "Ziviler Ungehorsam"
  • Offenes Informationstreffen 




 

 Einzelnachweise: