Der
gestrige Tag sprengte alle Befürchtungen. Vorherige Zahlen von bis zu
1000 und später 2500 Neonazis wurden weit übertroffen. Auf dem NPD-Fest
"Rock für Deutschland" versammelten sich am Ende 4000 Neonazis aus
Deutschland, Italien, Belgien, Niederlande, Österreich, Schweiz und
anderen Ländern. Es war damit die größte Neonaziveranstaltung nach dem
zweiten Weltkrieg in Thüringen und das bundesweit größte Neonazifest
nach dem Deutsche Stimme Pressefest 2006.
Der Stadtteil Debschwitz glich den gesamten Tag über einer National
Befreiten Zone. Ganze Straßenzüge waren voller Neonazis. Teilweise
wurden diese in Hundertergruppen von der Polizei durch die Stadt zur
Spielwiese eskortiert, auf der sich die NPD versammelte. Die Polizei
war sichtlich überfordert, was bei der Abreise erneut deutlich wurde.
Umliegende Straßen und beide Bahnhöfe waren mit Neonazis überfüllt.
Kleinere Gruppen konnten bis in die Nacht hinein umherziehen und unter
anderem in der Kneipe "Toto’s Treff" feiern.
Weniger
zurückhaltend verhielt sich die Polizei gegenüber dem Antifa-Block auf
der Demonstration des Bürgerbündnisses. Von Beginn an war dieser von
einem Spalier umgeben und abgeschirmt. Später ankommende
Teilnehmer(innen) wurden nicht mehr hineingelassen. Als die
Demonstration auf dem Rückweg in die Stadt die Heinrichsbrücke
überquerte kam es zu ersten Auseinandersetzungen. Die
Aufstandsbekämpfungseinheit USK aus Bayern prügelte in den hinteren
Teil des Blocks und verletzte mehrere Demonstrant(innen). Dieser
Angriff zeigt, dass die Polizei alles daran setzte die Demonstration
auf schnellstem Wege wieder in die Innenstadt zu treiben, um für einen
störungsfreien Ablauf des Neonazifests zu sorgen. Nur entschlossene
Gegenwehr konnte diese willkürliche Polizeigewalt eindämmen. Für ihre
Strategie fand die Polizei willige Helfer bei den Geraer
Verkehrsbetrieben (GVB). Mit aufgestellten Straßenbahnen wurde jeder
Protest in Sichtweite unmöglich gemacht. Weitere Angriffe der Polizei
erfolgten bis zum Ende der Demonstration. Dabei wurden mindestens 11
Personen teilweise brutal in Gewahrsam genommen. Der Polizeieinsatz war
wie so oft unverhältnismäßig und martialisch.
Auf der Kreuzung
zwischen Heinrichsbrücke und Südbahnhof initiierten das Aktionsbündnis
Kabelbruch und das Aktionsnetzwerk Jena eine Sitzblockade, um die
Anreise weiterer Neonazis zu behindern. Diese konnte jedoch durch die
Unentschlossenheit des Bürgerbündnisses Gera nicht aufrecht erhalten
werden. Schon bei Beginn der Sitzblockade wurden daran Teilnehmende zum
Aufstehen aufgefordert und als unfriedlich bezeichnet. Noch bevor von
der Polizei auch nur eine Aufforderung kam die Blockade zu räumen,
riefen Verantwortliche des Bürgerbündnisses selbst dazu auf. Später
entsolidarisierten sie sich erneut. Als die Polizei willkürlich
Personen aus dem Antifa-Block herauszog, rieten sie sich nicht
provozieren zu lassen und weiter zu laufen.
Auf der
Abschlusskundgebung sprach das Bürgerbündnis von einer erfolgreichen
und friedlichen Demonstration mit 700 Teilnehmer(innen). Diese hätte
gezeigt, dass Gera bunt, tolerant und weltoffen sei. Auch sei es
erfreulich, dass die Polizei sich auf dem Abschlusskundgebungsplatz
unter die Teilnehmer(innen) mische.
Wer von bunt, tolerant und
weltoffen spricht, während in Debschwitz 4000 Neonazis feiern, verkennt
entweder vollkommen die Realität oder versucht sich die Situation
bewusst schönzureden. Das Fest ist mittlerweile zur Pilgerstätte der
Neonazis geworden, die NPD sitzt im Stadtrat und alltägliche Angriffe
nehmen zu. Hätten antifaschistische und linke Gruppen aus Gera und
anderen Städten nicht an der Demonstration teilgenommen, wäre diese zur
reinen Makulatur geworden. Statt sich mit der Sitzblockade zu
solidarisieren, wurde diese vom Bürgerbündnis boykottiert. Der gestrige
Tag war wie Christian Dornbusch zuvor ankündigte ein Armutszeugnis für
die Stadt.
Trotzdem Danke an alle Leute und Gruppen, die nach Gera gekommen sind, den Antifa-Block und die Blockade unterstützt haben!
Antifa Aktion Gera [AAG]
Weitere Informationen: http://kabelbruch.blogsport.de und http://aag.antifa.net
Fotos von den Nazis: http://de.indymedia.org/2009/07/255908.shtml