„Das Mannheimer Lager für Flüchtlinge ist besonders schlimm“ (Kommentar eines Flüchtlings-Aktivisten)

Refugees Welcome

„Das Mannheimer Lager für Flüchtlinge ist besonders schlimm“ - (Kommentar eines Flüchtlings-Aktivisten)

Am 26. April haben Flüchtlingsaktivisten aus Baden-Württemberg und Bayern eine weitere Informations- und Protesttour zu verschiedenen Flüchtlings-Lagern (offiziell: „Gemeinschaftsunterkünfte“) in Süddeutschland begonnen. (Der offizielle Aufruf zur Tour war im letzten KIM, Nr. 8)

 

Am 3. Mai machten Geflüchtete der Refugees Liberation Tour auch in Mannheim Station. Auch hier wollten sie die Flüchtlinge im Lager in der Industriestraße/Ecke Pyramidenstraße in der Neckarstadt-West informieren über die seit mehr als 1 Jahr laufenden Protestaktionen gegen alle Formen staatlicher rassistischer Ausgrenzung von Flüchtlingen. Dies wurde durch eine besonders rigorose Haltung der Stadtverwaltung und der Polizei faktisch verhindert.Wieder einmal waren in Mannheim bei einer antirassistischen Protestaktion Stadtverwaltung und der Polizei besonders repressiv.

 

Den Teilnehmer*innen der Informations- und Protesttour wurde von 6 bis 7 Polizist*innen verwehrt das Lager zu betreten. Der private Sicherheitsdienst war von Herrn Genz, der seit September vergangenen Jahres für das Lager zuständig ist, angewiesen worden, die Teilnehmer*Innen der Liberation Bus Tour unter keinen Umständen in das Lager zu zu lassen. Zwei Lagerbewohner, die aus dem Lager gekommen waren und sich draußen mit den TeilnehmerInnen unterhielten, wollten diese zum Tee einladen. Auch dies hat die Polizei nicht zugelassen. Daraufhin rief ein Mitglied des Bündnis gegen Abschiebungen das Büro von Herrn Genz an, damit er wenigstens für eine Viertel Stunde die Leute in den Hof des Lagers hereinlasse. Die Leiterin des Lagers vor Ort wäre mit diesem Kompromiss einverstanden gewesen wie sie glaubwürdig versicherte. Aber Herr Genz blieb stur. Auch die Polizei reagierte immer maßloser. Sie bildete eine Kette im Eingangsbereich und verhinderte so den Zutritt zum Lager.

 

Die Begründung war lächerlich: Die Kontrollen und die Verweigerung des Zutritts seien zum Schutz der Flüchtlinge. Dort sei vor 20 (!) Jahren mit Drogen gehandelt worden.

 

Die Flüchtlinge selbst sagen schon seit Jahren, dass die Kontrollen und die Bedingungen in dem Lager in der Industriestraße wie in einem Gefängnis wären. Und das Geschehen am 3. Mai bestätigte wieder einmal ihre Einschätzung.

 

Das Verhalten der Polizei war extrem einschüchternd : außer den schon erwähnten beiden Flüchtlingen verließ sonst niemand das Lager. Später erfuhren wir, dass selbst ein Bewohner während der Protestaktion vor dem Lager von der Polizei daran gehindert wurde, das Lager zu betreten.

 

Die rigorose Abschottung des Lagers auf Order von Herrn Genz widerspricht völlig seinen vollmundigen Ankündigungen, die er bei einer gut besuchten Veranstaltung am Tag der Menschenrechte (!), am 20.12.2012 im Karl-Friedrich-Gymnasium, den dort Versammelten vortrug: Er erklärte damals, er würde sich für eine verbesserte Unterbringung der Flüchtlinge einsetzen und kündigte die Einrichtung eines Runden Tisches auch mit Mitgliedern von Unterstützer*Innen für das 1. Quartal dieses Jahres an! Mittlerweile ist Mai und von einem Runden Tisch hat bis jetzt niemand mehr etwas gehört!

 

Hinsichtlich der Wohnsituation der Flüchtlinge im Lager hat sich nichts Wesentliches geändert.

 

Die repressiven Kontrollen werden weiterhin praktiziert und selbst der Personalausweis oder Pass wird weiterhin während der gesamten Besuchszeit von Angestellten des privaten Sicherheitsdienstes einbehalten. Dies ist nach unserer Information auf jeden Fall rechtswidrig.

 

Am 3. Mai wollte die Polizei allem Anschein nach unbedingt eskalieren: Nachdem die wenigen Flüchtlinge zusammen mit einigen UnterstützerInnen spontan ihr Anliegen in einer kleinen Demo in die Stadt tragen wollten, wurde dies von der Polizei verhindert.

 

Unser Fazit dieses rüden Vorgehens gegen einen legitimen Protest für ein Leben in Würde ist:

Nur durch stärkeren Druck auf die Verantwortlichen in der Stadt können die Betroffenen ihre Lage grundlegend ändern. Um dies zu erreichen ist mehr Solidarität von progressiven Menschen in der Stadt nötig. Bis jetzt gibt es noch viel zu wenige Menschen in Mannheim, die dafür eintreten, dass Flüchtlinge in Mannheim menschenwürdig wohnen und leben können.

 

Bündnis gegen Abschiebungen (BgA) Mannheim