Kommunikation über Codes: Inhaftierte Neonazis bauten Geheimnetzwerk auf

Justizvollzugsanstalt (in NRW): Codes und Symbole, versteckte Botschaften
Erstveröffentlicht: 
10.04.2013

Sie kommunizierten unter anderem mit versteckten Botschaften in Kleinanzeigen: Mehrere inhaftierte Rechtsradikale sollen aus dem Gefängnis heraus Kontakt zum Umfeld der Neonazi-Terrorzelle NSU aufgenommen haben. Auch mit anderen Rechtsextremen in Haft wurden laut Ermittlern Informationen ausgetauscht.

 

Berlin - Ein bundesweites rechtsradikales Netzwerk in deutschen Gefängnissen soll unentdeckt Kontakt zum Umfeld der Neonazi-Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) aufgenommen haben. Die Mitglieder des Hilfsvereins für rechtsradikale Gefangene pflegten offenbar schriftlichen Kontakt mit NSU-Kreisen. Das berichten die "Süddeutsche Zeitung" und die "Bild"-Zeitung übereinstimmend unter Berufung auf Ermittlerkreise. Dies habe eine Auswertung von Beweismaterial ergeben, das bei Zellendurchsuchungen in hessischen Strafanstalten in den vergangenen Wochen sichergestellt worden sei.

 

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hatte die rechtsextreme "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige" (HNG) im September 2011 verboten. Zur Begründung hieß es damals, der Verein lehne den demokratischen Rechtsstaat ab und verherrliche den Nationalsozialismus. Die HNG hatte rund 600 Mitglieder und das erklärte Ziel, inhaftierten Rechtsextremisten zu helfen.

 

Laut "Süddeutscher Zeitung" und "Bild"-Zeitung soll die Organisation außer mit dem NSU-Umfeld auch mit Rechtsextremen in anderen Gefängnissen regen Kontakt gehabt haben. Dabei lief die Kommunikation offenbar weitgehend über Briefe und versteckte Botschaften im Kleinanzeigenteil scheinbar unverdächtiger Magazine. Die Neonazis hätten Codes und Symbole benutzt, die offenbar selbst für Experten nur schwer als "rechtsradikal" zu erkennen seien. Innerhalb der Haftanstalten baute der Verein den Angaben zufolge streng hierarchische Organisationsstrukturen auf.

 

Hessens Justizminister Jörg-Uwe Hahn kündigte eine lückenlose Aufklärung der Vorgänge an. Er hatte am Dienstag bestätigt, in den vergangenen Wochen seien Zellen durchsucht und Postsendungen überprüft worden. "Wir wollen Fehler von Sicherheitsbehörden im Zusammenhang mit den Straftaten des NSU nicht im Strafvollzug wiederholen", sagte der FDP-Politiker. Polizei und Verfassungsschutz hatten sich während der NSU-Mordserie und bei den anschließenden Ermittlungen zahlreiche Pannen geleistet.

 

Dem NSU werden Morde an neun ausländischen Kleinunternehmern und einer deutschen Polizistin zur Last gelegt. In der kommenden Woche beginnt vor dem Oberlandesgericht München der Prozess gegen das mutmaßliche NSU-Mitglied Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Unterstützer der rechtsextremen Terrorgruppe.