Militante Geschichtsverfälscher

Erstveröffentlicht: 
02.04.2013
Von Kai Budler

02.04.2013 - Seit Jahren versuchen Neonazis in Nordhausen das Gedenken an die Bombardierung der nordthüringischen Stadt im April 1945 für sich als Plattform zu nutzen. Bei seiner eigenen Veranstaltung in diesem Jahr kooperiert der NPD-Kreisverband mit hochgradig kriminellen Neonazis

 

Als 2012 die zentrale Gedenkveranstaltung zur Bombardierung Nordhausens vor dem Rathaus der Stadt stattfand, kam es zum Eklat. Nach Gewalttätigkeiten gegenüber der Oberbürgermeisterin nahm die Polizei den NPD-Kreisvorsitzenden und Stadtratsabgeordneten Roy Elbert wegen Bedrohung und Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte vorläufig fest. Knapp 20 Neonazis hatten versucht, sich unter die Veranstaltungsteilnehmer zu mischen, um einen Kranz an der Gedenkstele niederzulegen.

 

Um dieser Instrumentalisierung vorzubeugen, verabschiedeten die Mitglieder des Nordhauser Stadtrates in diesem Jahr bereits eine Woche vor der Veranstaltung eine fraktionsübergreifende Erklärung. Darin übten sie scharfe Kritik an den Vereinnahmungsversuchen durch „rechtsextreme Parteien und Gruppierungen“.

 

Zahlreiche Verstöße gegen das Strafgesetzbuch

 

Anders als in den vergangenen Jahren rufen der NPD-Kreisverband Nordhausen und „parteifreie Kräfte“ nun zu einer eigenen Kundgebung am Nachmittag des Gedenktages auf. Auch die im vergangenen Jahr gegründete „Aktionsgruppe Nordhausen“ (AG-Ndh) mobilisiert zu der Veranstaltung. Die rund 20 Mitglieder der Gruppierung, die gute Verbindungen zur NPD pflegt, sind bislang vor allem durch zahlreiche Verstöße gegen das Strafgesetzbuch aufgefallen. Dazu gehören nicht nur Delikte, die typisch für die extreme Rechte sind, sondern unter anderem Ermittlungsverfahren wegen Raubes, räuberischer Erpressung, Verstößen gegen das Waffen- und Kriegswaffenkontrollgesetz, Drogenhandel und sexuelle Nötigung. Insgesamt sind in der Liste mehr als 20 verschiedene Arten von Delikten bekannt.

 

Als Reaktion auf die rechtsextreme Veranstaltung planen Neonazi-Gegner in der nordthüringischen Rolandstadt am Mittwoch einen „Erinnerungsspaziergang“. „An Orte, an denen die Zerstörung Nordhausens besonders sichtbar ist, (...) wollen wir ein ehrliches Gedenken ermöglichen, das den historischen Kontext nicht leugnet“. Dabei soll auch an die Ursache der Zerstörung erinnert werden, an den „von Deutschland entfesselten Krieg, der Europa zerstörte und Millionen Menschen das Leben kostete“. Die Veranstalter hoffen auf ein deutliches Zeichen gegen die Verfälschung von Geschichte, die Verharmlosung nationalsozialistischer Untaten und die Bestrebungen, rechtsextremes Gedankengut gesellschaftsfähig zu machen.