Bei den sogenannten Bonner Märzgesprächen wollen liberale Burschenschafter aus ganz Deutschland am kommenden Wochenende nach einem gemeinsamen Weg in die Zukunft suchen. Ein Ziel der erstmals stattfindenden Veranstaltung sei es, vor allem verbandsfreien Burschenschaften eine Plattform für Sondierungsgespräche zu bieten, um über eine gemeinsame Linie außerhalb des umstrittenen Dachverbandes Deutsche Burschenschaft (DB) nachzudenken, sagte der Sprecher für die Veranstaltung, Peter Gelbach von der Verbindung Marchia Bonn, der Nachrichtenagentur dapd.
Etwa 50 liberale Burschenschaften seien eingeladen worden. Gelbach rechnet damit, dass etwa 30 bis 40 Studentenverbindungen Vertreter nach Bonn entsenden werden. Unklar ist, ob die Bonner Märzgespräche damit eine Gegenveranstaltung zum voraussichtlich im Mai stattfindenden Eisenacher Burschentag der DB sein sollen.
Gelbach bestritt dies. "Diejenigen, die sich dort treffen, haben mit der DB gebrochen. Was die DB tut, interessiert uns nicht mehr. Die Märzgespräche sind keine Gegenveranstaltung, sie sind eine Veranstaltung für sich selbst", sagte er.
Rasche Gründung eines Dachverbandes eher unwahrscheinlich
Anders bewertete Christian Becker von der Initiative Burschenschafter gegen Neonazis das Treffen, das er als "Gegen-Burschentag" bezeichnete. Die Märzgespräche könnten die Keimzelle eines neuen Verbandes von reformorientierten Studentenverbindungen mit dem Motto "Burschenschafter, die coolen Demokraten" sein, sagte er. Viele liberale Burschenschafter seien sich der Verantwortung bewusst, dass ein neuer Verband ein Erfolg werden müsste, "da nur mit ihm die liberalen Burschen eine gemeinsame Stimme in der Öffentlichkeit als Gegengewicht zu den rechten Burschenschaftern mit der DB hätten".
Gelbach dagegen warnte davor, jene Verbindungen, die in der Vergangenheit aus der DB ausgetreten sind, nun schnell in ein neues Korsett stecken zu wollen. "Es will keiner eine Nachfolgeorganisation wie die, die man gerade verlassen hat", sagte er. "Viele Burschenschaften genießen auch die Freiheit, die sie nach dem Austritt aus der DB haben." So hätten zahlreiche Studentenverbindungen durch den Bruch mit dem Dachverband nicht zuletzt wieder mehr finanziellen Spielraum, weil sie keine Mitgliedsbeiträge mehr an die DB zahlen müssten.
Die Deutsche Burschenschaft als nach eigenen Angaben größter Dachverband von Studentenverbindungen im deutschsprachigen Raum steht seit Jahren sowohl außerhalb als auch innerhalb der Burschenszene in der Kritik. Der Kernvorwurf lautet, die Organisation gehe nicht entschieden genug gegen rechte und rechtsextreme Strömungen in den Studentenverbindungen vor. Zahlreiche als liberal geltende Burschenschaften - wie etwa Marchia Bonn - sind seit Mitte der 2000er Jahre deshalb aus dem Verband ausgetreten. In der DB sind nach eigenen Angaben aktuell noch etwa 100 Studentenverbindungen organisiert.
Quelle: dapd