"Solidarität mit Rechtsextremen"

Erstveröffentlicht: 
28.01.2013

Studentenverbindungen

Von Sebastian Höhn

 

Berlin – Alexandra Kurth kennt sich mit Burschenschaften aus. Die 42-jährige Politikwissenschaftlerin der Universität Gießen hat über Studentenverbindungen promoviert. Viele Verbindungen hätten dem Rechtsextremismus wenig entgegenzusetzen, sagt die Wissenschaftlerin.

 

Frau Kurth, wohin bewegen sich Burschenschaften derzeit?

 

Im Dachverband Deutsche Burschenschaft ist ein Abspaltungsprozess im Gange. Immer mehr Burschenschaften treten aus. Das gab es zuletzt Anfang der 1990er-Jahre. Die Deutsche Burschenschaft ist insgesamt politisch rechts orientiert. Ihre Extreme stehen mittlerweile so weit rechtsaußen, dass sogar Burschenschaften mit Verweis auf diese Entwicklung austreten, die selbst Republikaner-Mitglieder in ihren Reihen haben.

 

Wie sieht es in Berlin aus?

 

Es gibt mehr als 40 Verbindungen in Berlin, wovon nur eine Handvoll zu den Burschenschaften zählt. Berlin hat aufgrund der vielen Hochschulen viele unterschiedliche Verbindungen. Das Spektrum reicht von den großen traditionellen Verbindungen bis zu solchen, die eher Orchideencharakter haben, wie der Akademische Ruder Club zu Berlin. Als Rechtsaußen-Vertreter aufgefallen sind unter anderem die Burschenschaft Gothia, die Schülerverbindung Iuvenis Gothia und die Landsmannschaft Thuringia.

 

Verbindungen fürchten sich vor negativen Berichten

 

Viele Verbindungen sind verschwiegen. Woran liegt das?

 

Ich habe ein Lehrforschungsprojekt zu Studentenverbindungen. Meine Studierenden stoßen fast überall auf Granit. Die Verbindungen fürchten sich vor negativen Berichten, egal, ob es dafür Gründe gibt oder nicht. Viele haben dem Rechtsextremismus wenig entgegenzusetzen. Es gibt gegenseitige Solidarität, unabhängig davon, ob man die politischen Positionen teilt. Offener sind die Corps. Ihr Dachverband hat sich vom Rechtsextremismus distanziert.

 

Welche Entwicklung erwarten Sie?

 

Es wird vermutlich gegenläufige Entwicklungen geben. Die Deutsche Burschenschaft als Verband wird sich weiter radikalisieren. Die Neue Deutsche Burschenschaft als alternativer, liberal-konservativer Verband kann als weitgehend konsolidiert gelten. Politisch dazwischen wird wohl ein weiterer Verband entstehen, wobei mehr Burschenschaften als bisher verbandsfrei bleiben dürften.

 

Es gibt in Berlin auch eine Damenverbindung. Klingt exotisch.

 

Die 1985 gegründete Berliner Studentinnen Lysistrata ist eine der ältesten Studentinnenverbindungen. Diese sind häufig von Partnerinnen oder Töchtern Alter Herren gegründet worden. Zumeist fehlt ihnen das Geld für eine eigene Immobilie. Viele Damenverbindungen sind christlich orientiert und meist nicht explizit politisch. In Österreich gibt es extrem rechte Damenverbindungen. Eine davon ist die Wiener Akademische Mädelschaft Freya, die im letzten Jahr ein Treffen in Wien ausrichtete, an dem auch die Berliner Lysistrata teilnahm.

 

Interview: Sebastian Höhn