Karlsruher "ACAB-Verfahren" geht in die nächste Runde - OLG Karlsruhe verweist Verfahren an eine andere Kammer des LG Karlsruhe zurück

ksc polizeigewalt
Erstveröffentlicht: 
13.11.2012

Über das Karlsruher "ACAB-Urteil" vom 08.12.2011 (Az.: 11 Ns 410 Js 5815/11) wurde - auch hier im Blog - vielfach berichtet. Eine ausführliche Auseinandersetzung des Autors mit der Frage, ob sich einer Beleidigung gem. § 185 StGB strafbar macht, wer die Buchstabenkombination "ACAB" ("All Cops Are Bastards") bei Demonstrationen oder Fußballspielen verwendet, findet sich in der August-/September-Ausgabe der Online-Zeitschrift für höchstrichterliche Rechtsprechung im Strafrecht HRRS.

 

Das OLG Karlsruhe hat mit Urteil vom 19. Juli 2012 (Az. 1 (8) Ss 64/12- AK 40/12) das freisprechende Urteil des LG Karlsruhe auf die Revision der Staatsanwaltschaft mit den Feststellungen aufgehoben und zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Begründet wurde dies in der nun schriftlich vorliegenden Urteilsbegründung damit, dass das Urteil des Landgerichts nicht den Anforderungen genügt, die an ein freisprechendes Urteil gemäß § 267 Abs. 5 S. 1 StPO zu stellen sind. Außerdem sei zu besorgen, dass der Tatrichter die Anforderungen verkannt habe, die in subjektiver Hinsicht an den Tatbestand der Beleidigung zu stellen sind.

 

Auch wenn die sehr verkürzte und mit einer eher missverständlichen Überschrift versehene Pressemitteilung des OLG Karlsruhe eventuell einen anderen Eindruck erwecken mag, hat sich das OLG Karlsruhe ausdrücklich nicht zu der Frage geäußert, ob im konkreten Fall tatsächlich eine strafbare Beleidigung geben ist. Vielmehr hat das Gericht auf 18 Seiten die an die Verwirklichung des Tatbestands der Beleidigung zu stellenden Anforderungen ausführlichst dargelegt und dabei stets betont, dass bei der Prüfung und Bewertung der Tatbestandsmäßigkeit der Beleidigung der wertsetzenden Bedeutung des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung Rechnung zu tragen ist.

 

Es kommt also (auch) nach dem OLG Karlsruhe hinsichtlich der Frage, ob das Hochhalten eines Banners mit der Aufschrift "ACAB" eine Beleidigung darstellt, auf alle Umstände des konkreten Einzelfalls an. Es bleibt demnach mit Spannung abzuwarten, wie das LG Karlsruhe bei der noch nicht terminierten neuerlichen Verhandlung entscheiden wird.

 

Bei der allgemeinen Bewertung ist dem Kollegen Udo Vetter zuzustimmen, der im lawblog äußert, dass das Gezerre um "ACAB" Ergebnis unseres übertriebenen Ehrenschutzes ist. Es wäre nach ihm an der Zeit, dass nicht jeder Pups gleich als Beleidigung gewertet werden kann, so dass die Gerichte mehr Zeit hätten, sich in angemessener Zeit um wirklich wichtige Fälle zu kümmern.