Kiel: Neonazis mischen bei Rockern mit

Erstveröffentlicht: 
22.01.2013

Geschäft für Einbruchwerkzeug

Von Günter Schellhase

Der Verfassungsschutz ist in Sorge: Ehemalige Rechtsextremisten und jetzige Mitglieder der Rockerbande Bandidos haben im Kieler Stadtteil Gaarden einen Laden eröffnet, in dem Einbruchwerkzeuge verkauft werden. „Wir wissen, dass es das Geschäft gibt“, sagt Kiels Polizeisprecher Bernd Triphahn.

 

Kiel. „Dieses Geschäft begründet die Gefahr der Konfrontation mit der örtlichen linken Szene in dem multikulturellen Stadtteil“, sagt Dieter Büddefeld, Leiter des Verfassungsschutzes in Schleswig-Holstein.

 

Seit Dezember 2012 gibt es den Laden, der als An- und Verkaufsgeschäft für Schlüssel, Schlösser und Gravuren am Vinetaplatz firmiert. Im Laden und im Internet werden Werkzeuge angeboten, mit denen sich Häuser, Wohnungen und Pkw öffnen lassen. Hier gibt es zum Beispiel den sogenannten „Polenschlüssel“, Aufbruchsets für aktuelle Pkw-Modelle und Generalschlüssel für Porsche und Volkswagen. „Wir wissen, dass es das Geschäft gibt“, sagt Kiels Polizeisprecher Bernd Triphahn. „Bisher war es unauffällig. Der Erwerb, der Besitz, das Führen und der Verkauf derartiger Gegenstände sind nicht verboten.“ Erst wer diese Werkzeuge einsetze, um sich das Eigentum anderer anzueignen, handele strafbar.

 

„Das städtische Ordnungsamt hat die Gewerbeanmeldung für das Geschäft entgegengenommen“, sagt Stadtsprecher Tim Holborn. „Eine Genehmigung benötigt der Betreiber dafür nicht, da diese Form des Einzelhandels nur anzeigepflichtig ist.“ Nach Informationen unserer Zeitung ist der Anmelder sogar penibel untersucht worden. Dazu wollte die Stadt sich jedoch nicht äußern.

 

Brisant aus Sicht des Verfassungsschutzes ist vielmehr, dass das Geschäft von drei ehemaligen hochrangigen Neonazis aus dem Dunstkreis um Peter B. betrieben wird, die jetzt Mitglieder der Rockergang Bandidos sind. Die Haftstrafe von Peter B. läuft in diesem Jahr aus. Sein Name soll auf einem Schild am Laden stehen. B. wohnte schon mal in dem Stadtteil. „Der Verfassungsschutz beobachtet gemeinsam mit der Polizei sehr aufmerksam Zusammenschlüsse von Rechtsextremisten und Rockern in Schleswig-Holstein“, sagt Büddefeld. Es gebe aber keine Anhaltspunkte für eine engere Kooperation. Es gebe auch keine Indizien dafür, dass die rechte Szene sich in Kiel zu etablieren versuche. „Die Bezüge zwischen Rockern und Rechtsextremen bestehen in ihrer Gewaltaffinität und dem Zugang zu Waffen“, sagt der Verfassungsschützer.

 

Im Land gibt es etwa 1300 Rechtsextreme, die in jüngster Zeit in Nordfriesland (Demo gegen Sexualstraftäter in Leck) und im Raum Lübeck (Schmierereien in Ratzeburg) aufgetreten sind. Schließen sich Rechtsextreme den Rockerbanden an, wollen sie meist an den illegalen Geschäften teilhaben und Geld verdienen – politische Ideologie tritt dafür in den Hintergrund. Die Polizei zählt 225 Rocker in Schleswig-Holstein, die den Hells Angels, Bandidos und deren Unterstützer-Gruppierungen angehören. Nach Angaben von Büddefeld haben davon 17 Personen Bezüge zu Rechtsextremen, aber nur drei sind im Vorjahr in der rechten Szene in Erscheinung getreten.

 

Der Soko Rocker im Landeskriminalamt (LKA) ist bekannt, dass die Betreiber des Gaardener Ladens den Bandidos angehören. „Wir haben aber keine Erkenntnisse, dass die Bandidos in Kiel Fuß fassen wollen“, sagt LKA-Sprecher Uwe Keller. Nach Informationen unserer Zeitung sollen die vorherigen Besitzer bereits dem Umfeld der „Banditen“ angehört haben. Das Geschäft gibt es offenbar schon länger. „Die Rockerszene steht unter ständiger Beobachtung“, sagt Keller.