Schlagender Bursche oder Staatssekretär?

Michael Büge in voller „Coleur“.
Erstveröffentlicht: 
15.12.2012

Berlin

 

Wegen seiner Mitgliedschaft in der „Gothia“ ist CDU-Politiker Büge stark unter Druck geraten.

 

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

 

Bisher gab es nie Zweifel, dass Michael Büge, Staatssekretär für Soziales (CDU), jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung eintritt. Trotzdem muss sich der ehemalige Neuköllner Stadtrat entscheiden, ob er seinen Job behalten will oder ob ihm die Mitgliedschaft in der Burschenschaft „Gothia“ wichtiger ist. Es handelt sich dabei um eine „pflichtschlagende, farbentragende“ Verbindung, Mitglied im Dachverband der Deutschen Burschenschaft. Die Ernennung Büges zum Beamten auf Lebenszeit wurde im Senat vorerst gestoppt.

Es ist eine Gratwanderung: Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) sagte am Donnerstag im Parlament, dass die Hochschulen „aus gutem Grund eine kritische Haltung“ zu den zehn Berliner Burschenschaften hätten.

Einige hielten sogar Verbindung zur rechtsextremen Szene. Andererseits sei es zu kurz gegriffen, allen Burschenschaften und deren Mitgliedern ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild zu unterstellen.

Dennoch sicherte Staatssekretär Büge inzwischen zu, dass er auf einen Austritt der „Gothia“ aus dem Dachverband dränge. Sollte es nicht dazu kommen, wolle er im Januar die Burschenschaft verlassen. Er distanziere sich ausdrücklich von rechtsextremem Gedankengut und lasse sich nicht „in diese Ecke stellen“.

Leicht wird ihm der Austritt wohl nicht fallen. Büge ist seit 1989 Mitglied und gehörte vorher schon der Schülerverbindung „Iuvenis Gothia“ an. Zeitweise war er Vize-Vorsitzender des Altherrenverbands und Vorsitzender des Hausvereins. Sitz der „Gothia“ ist eine Villa in der Zehlendorfer Königstraße. Im November hielt er dort ein Referat zur „Demographischen Entwicklung – sozialpolitische Risiken und Chancen“. Die bundesweit vertriebene Verbandszeitschrift „Burschenschaftliche Blätter“ lobt Büge, der sein Verbindungshaus bis heute regelmäßig besuche, als „einen der wenigen deutschen Spitzenpolitiker, der auch in der Öffentlichkeit stets zu seiner Mitgliedschaft gestanden hat“.

Allerdings beklagt sich nun die Burschenschaftliche Gemeinschaft, eine ultrarechte Arbeitsgemeinschaft im Dachverband, über Büges „urplötzliche und scharfe Abgrenzung“. Seine Forderung, die Berliner „Gothia“ solle die Deutsche Burschenschaft verlassen, sei unverständlich. Stattdessen wird ihm der Austritt nahegelegt, „um seine parteipolitische Karriere nicht zu gefährden“. Erst seit zwei Wochen ist die „Gothia“ nicht mehr Mitglied der rechtslastigen Arbeitsgemeinschaft, in deren Reihen nach Einschätzung des Hamburger Verfassungsschutzes „zum Teil rechtsextremistische Positionen offensiv vertreten oder zumindest zustimmend zur Kenntnis genommen werden“. Die Burschenschaftliche Gemeinschaft vertritt nach eigenem Bekunden einen „volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriff“. Ob Büges „Gothia“ demnächst auch die Dachorganisation Deutsche Burschenschaft verlässt, in der ein Kampf um die politische Ausrichtung tobt, ist offen.