Zu rechts für Burschenschafter

Erstveröffentlicht: 
23.11.2012

Studentenverbindung

 

Die Verbindung Dresdensia-Rugia Gießen soll aus dem Dachverband fliegen. Sie hat dubiose Kontakte zur rechtsextremen NPD.

 

Von Volker Schmidt

 

Die Gießener Burschenschaft Dresdensia-Rugia ist den anderen Verbindungen im Dachverband Deutsche Burschenschaft zu eng mit der rechtsextremen NPD verwoben: Ein Zusammenschluss liberalerer Gruppen will die Dresdensia-Rugia beim Burschentag an diesem Wochenende in Stuttgart ausschließen lassen. Bis 2006 stand die Dresdensia auch im hessischen Verfassungsschutzbericht. Dass sie seither nicht mehr erwähnt wird, sei Gesprächen mit Verfassungsschützern zu verdanken, brüstet sich ein Vorstandsmitglied.

 

Wörtlich heißt es in den Mitteilungsblättern der Dresdensia-Rugia, die der FR vorliegen, „verschiedene Maßnahmen haben dazu geführt, dass nach 2006 der Verfassungsschutz seine Berichterstattung über uns eingestellt hat“, darunter „häufige Fühlungnahmen“. Allerdings seien „die Ergebnisse des in Wiesbaden geführten Gespräches mit dem Verfassungsschutz nicht vertieft“ worden, obwohl doch der zuständige Sachbearbeiter zum Ziel erklärt habe, „einen endgültigen Deckel auf die Sache zu machen“.

 

„Kein Zusammenhang“

 

Ein Sprecher des Landesamtes für Verfassungsschutz weist diesen Zusammenhang zurück. Grundsätzlich könne es solche Gespräche geben, „unter anderem mit der Zielsetzung, präventiv einzuwirken und demokratische Positionen innerhalb einer Gruppe zu stärken“. Auf eine Erwähnung im Verfassungsschutzbericht hätten sie aber keinen Einfluss, diese richte sich allein nach Relevanz- und Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten. Bei der letzten Erwähnung der Dresdensia im Bericht für 2006 heißt es, die wichtigsten NPD-Kader seien aus der Burschenschaft ausgeschlossen worden. Tatsächlich bekannten sich die sächsischen NPD-Landtagsabgeordneten Jürgen Gansel und Arne Schimmer kürzlich dazu, weiterhin der Verbindung anzugehören. Nach FR-Informationen stehen sie in regelmäßigem Kontakt mit ihren Verbindungsbrüdern.

 

Zahlreiche weitere Zusammenhänge zwischen der Burschenschaft und der NPD sowie anderen rechtsextremen Gruppierungen hat der Autor Frank Meyer zusammengetragen, der eine Publikation über die Burschen in Gießen sowie deren Ableger in Hannover vorbereitet. Darunter sind auch Fotos, die Dresdensia-Rugia-Mitglieder bei Neonazi-Demonstrationen oder beim Zeigen des Ku-Klux-Klan-Grußes zeigen.

 

Weiter unter Beobachtung

 

Nach Berichten über ein Treffen zwischen Burschen der Dresdensia und Neonazis aus Nordthüringen hatte die Erfurter Linksfraktion eine Anfrage an die Regierung gestellt, welche Erkenntnisse über Kontakte zwischen den Burschen und den Neonazis um den NPD-Funktionär Thorsten Heise vorlägen. In ihrer Antwort erklärte die Landesregierung: „Die Burschenschaft Dresdensia-Rugia ist kein Beobachtungsobjekt des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz.“

 

In Hessen scheint das anders zu sein: Dass die Dresdensia-Rugia nicht mehr im Bericht erwähnt sei, bedeute keinesfalls, dass sie nicht mehr beobachtet werde, betont der Sprecher des Landesamtes.

 

Kenner der rechtsextremen Szene in Hessen halten die Burschenschaft für einen Rückzugsraum für intellektuelle Neonazis. Denn selbst wenn liberalere Burschen sich an den NPD-Brüdern stören sollten: Der Ehrenkodex der Verbindungen verbietet ihnen jede Zusammenarbeit mit den Behörden.

 


 

Spaltung nicht ausgeschlossen

 

Der außerordentliche Burschentag der Deutschen Burschenschaft (DB) mit 400 Abgesanten soll den schwelenden Streit zwischen rechtsextremen und national- liberaleren Verbindungen lösen. Er tagt seit Freitag in Stuttgart und könnte auch zu einer Spaltung des Dachverbandes führen. Der Dachverband hat etwa 10.000 Mitglieder.

 

Die Initiative Burschenschaftliche Zukunft will unter anderem mehrere Verbindungen ausschließen lassen, die ihrer Ansicht nach dem Ansehen der DB durch rechte Umtriebe geschadet haben, darunter die Dresdensia-Rugia und die Razceks zu Bonn. Diese wurde 1817 in Breslau gegründet, ihr Wahlspruch lautet Gott-Ehre-Freiheit-Vaterland.

 

Die Raczeks waren damit aufgefallen, dass sie einen „Arierparagrafen“ verlangten: Studierende nichtdeutscher Abstammung sollten in keine DB-Verbindung aufgenommen werden können, auch wenn sie einen deutschen Pass haben. Nun sollen Studierende „bei vollendeter Assimilation an das deutsche Volk“ aufgenommen werden.