BZ: Das Antoniushaus in der Wiehre ist besetzt

Erstveröffentlicht: 
17.05.2009

Linke Szene will "libertäres Zentrum" einrichten


Es gibt wieder einmal eine Hausbesetzung in größerem Stil in Freiburg: Eine Gruppe aus der linken Szene hat das St. Antoniushaus in der Kirchstraße nahe der Johanneskirche in der Wiehre besetzt.

Die rund 50 Besetzer bezeichnen sich selbst in ihrem Internet-Blog als "eine bunt gemischte Gruppe von Studierenden, freien Lebenskünstlern, Auszubildenden und Erwerbstätigen". Sie wollen das unter Denkmalschutz stehende Haus einer, wie sie sagen, sinnvollen Nutzung zuführen: Es soll ein selbstverwalteten Wohn- und Kulturprojekt aufgebaut werden. Die Polizei ist mit vier Beamten vor Ort und lässt die Hausbesetzer gewähren. Es liege noch kein Strafantrag vor, heißt es.

Seit Freitag hält sich die Gruppe mit dem Namen "Freie Antonia" in dem seit Anfang 2008 leer stehenden Haus auf, gestern Nachmittag entrollten die zumeist jungen Besetzer Transparente an der Hausfront mit der Antonius-Statue. "Wir wollen damit gegen den Leerstand in der Stadt demonstrieren – und dass es an billigen Wohnraum in Freiburg fehlt" sagten "Billy" und "Suki" als Sprecher der Gruppe, die ihren Nachnamen nicht nennen wollen. Und sie sagen: "Wir wollen uns dagegen wehren, dass Gebäude wie diese luxussaniert werden".

 

Das Haus gehört nach BZ-Informationen einer Projektgesellschaft der Bauträger Gisinger und Kirschner. Die Gesellschaft hat das frühere Seniorenwohnheim vor rund drei Jahren vom Trägerverein St. Marienhaus gekauft. Die Senioren und bis dato letzten Bewohner haben Anfang 2008 das Antoniushaus verlassen und sind ein paar hundert Meter Richtung Osten ins neu gebaute Marienhaus an der Talstraße umgezogen. Zwei Gebäudeteile des alten Wohnheims wurden abgerissen. An deren Stelle und im Innenhof entstehen Eigentumswohnungen, deren Bau bereits weit fortgeschritten ist. Auch in dem jetzt besetzten dreistöckigen Altgebäude, das wegen des Denkmalschutzes nicht abgerissen werden darf, sollen Eigentumswohnungen entstehen – so lautete jedenfalls die letzte Information.

 

Die Besetzer haben nun jedoch ganz andere Pläne: Sie wollen ein selbstverwaltetes Wohn- und Kulturprojekt schaffen. Es werde auch eine Selbsthilfe-Fahrradwerkstatt aufgebaut, Workshops angeboten, ein Umsonst- Laden gegründet und ein "Infoladen zur freien politischen Bildung" entstehen. Zudem soll es Raum für Theatergruppen, Lesungen oder Filmabende geben. Und: Die Besetzer haben die Hausbesitzer per offenem Brief eingeladen, "einmal auf einen Besuch bei uns vorbei zu kommen". Die erste Reaktion der Nachbarn in der Kirchstraße, so berichteten die Sprecher der Gruppe, sei jedenfalls sehr positiv gewesen.