Die Haller Polizei hat bereits im Jahr 2000 bei einer Hausdurchsuchung in Hall Kutten des Ku-Klux-Klans entdeckt – ging aber offenbar nicht weiter vor. Von den Beamten will nun keiner mehr Stellung nehmen.
Der Dienstgeheimnisverrat beim Verfassungsschutz bestimmt weiter die
Nachrichten. Ein Mitarbeiter hatte im Jahr 2003 den deutschen Chef der
„European White Knights of the Ku Klux Klan“ vor Abhöraktionen des
Geheimdienstes gewarnt. Im selben Jahr erfolgte die Hausdurchsuchung bei
Achim S. in Schwäbisch Hall durch die Haller Polizei – beauftragt vom
Verfassungsschutz.
Zwölf Kutten entdeckt
Bereits am Mittwoch war durchgesickert, dass die Haller Polizei schon
im Jahr 2000 die Wohnung des damaligen Klan-Chefs durchsucht hatte. Aus
Ermittlerkreisen heißt es heute, dass damals gegen Achim S. wegen des
Verwendens verfassungswidriger Zeichen auf Punk-CDs ermittelt wurde. Als
die Polizisten in die Wohnung gingen, entdeckten sie vor zwölf Jahren
Kutten, die zum rassistischen Ku-Klux-Klan gehörten.
Haben die Beamten den Klan darauf, der damals aus rund 20 Mitgliedern
bundesweit bestand und zu dem auch mindestens zwei Polizisten gehört
haben, bis 2003 einfach walten lassen? Die Pressestelle der Haller
Polizei will am Donnerstag keine Stellung nehmen – die Beamten gehen
erst gar nicht ans Telefon. Und auch der kommissarische Polizeichef
Ottmar Kroll, der Günther Freisleben (auf Kosovo-Mission) vertritt, gibt
sich wortkarg. „Dazu sage ich nichts.“ Alfred Oschwald, von 2002 bis
2006 Polizeichef in Hall und heute Leiter der Direktion Freiburg, lässt
sich von seiner Sekretärin entschuldigen. Er sei im Urlaub.
Erst müsse geklärt werden, welche strafrechtlichen Dinge damals zum
Vorschein kamen, meint Günter Loos, Sprecher des Innenministeriums.
Alleine der Besitz oder das Tragen der Kutten sei nicht strafbar.
„Außerdem greifen da Verjährungsfristen. Daher kann ich darüber nicht
sprechen.“
Aus Ermittlerkreisen heißt es, dass die ganze Ku-Klux-Klan-Affäre nun
an den NSU-Untersuchungsausschuss weitergeleitet werde, der Vorgänge in
Zusammenhang mit der Zwickauer Neonazi-Terrorzelle prüft. Denn ein
Mitglied des damaligen Ku-Klux-Klans war der Gruppenführer der
ermordeten Heilbronner Polizistin Michele Kiesewetter.
Anonyme Informationen
Zum „European White Knights of the Ku Klux Klan“, ein rassistischer
Klan-Ableger, der heute noch im Untergrund operiert, will Loos weiter
keine Stellung beziehen. Aus Informationen, die dem HT anonym zugespielt
wurden, geht hervor, dass der amtierende Europa-Chef, Tarnname „Didi
White“, noch in einem Haller Teilort lebt. „Der Verfassungsschutz ist
dabei, die Sache zu prüfen“, erklärt Günter Loos. Der Beschuldigte
selbst bestreitet am Telefon, Kontakte zur Organisation zu haben – will
aber weiter keine Auskünfte geben.
SPD-Landtagsabgeordneter Nikolaos Sakellariou, der im Innenausschuss
und im Ständigen Ausschuss des Landtags sitzt, wo derzeit über den
Ku-Klux-Klan diskutiert wird, erklärt die Schwierigkeiten der
Ermittlungen. „Wenn die Organisation nicht an die Öffentlichkeit geht
oder keine Kapuzenabende veranstaltet, kommt man nur schwer ran.“
Dennoch werde genau geprüft, wer bei den Behörden was wann gewusst hat.
Unklar sei, ob sich die Klan-Mitglieder „nur die Arme aufschneiden und
Blut-Rituale vollziehen oder die Rechte Dritter gefährden“, so der
Haller weiter.
Innenministerium ist "sehr überrascht"
Achim S., der laut Verfassungsschutz bis 2003 Chef des deutschen
Ku-Klux-Klans war und dann in den Norden gezogen sei, ist tatsächlich
seit mindestens April 2012 in Heilbronn gemeldet. Das berichtet die
Heilbronner Stimme. Über diese Nachricht zeigte sich das
Innenministerium gestern „sehr überrascht“, so deren Sprecher.
Da stellt sich die Frage, wie weit der Ku-Klux-Klan in der Region
verflochten ist und wie viele verschiedene Ableger im Geheimen
operieren. Loos kenne keine Antworten. Viele Dinge liefen aber unter
„äußerster Geheimhaltung“.