Ku-Klux-Klan. Der Innenminister verlangt bis nächste Woche einen umfassenden Untersuchungsbericht. Renate Allgöwer
Stuttgart. Der Vorfall ist zehn Jahre her. Damals soll ein Mitarbeiter des Landesamts für Verfassungsschutz dem Anführer des rassistischen Geheimbundes Ku-Klux-Klan in Schwäbisch Hall verraten haben, dass er telefonisch überwacht werde. Der Mann wurde in eine andere Landesbehörde versetzt, disziplinarische oder strafrechtliche Konsequenzen hatte er nicht zu tragen. Der Mann gebe die Tat auch nicht zu. Das berichtete der Innenminister Reinhold Gall (SPD) gestern dem Innenausschuss und im Anschluss an dessen Sitzung der Öffentlichkeit.
Er selbst, erläuterte Gall, habe Anfang Oktober von den Zusammenhängen erfahren. Unmittelbar nach Bekanntwerden habe er umfassende Aufklärung gefordert. Bis zum 23. Oktober soll nun die zuständige Abteilung des Innenministeriums den Vorgang aufarbeiten. Zwei Tage später will Gall dem Ständigen Ausschuss des Landtags berichten. Die Sache ist jetzt aufs Tapet gekommen, weil der Beamte nun wieder in den Landesdienst zurückkehren will. Er sei seit 2006 auf eigenen Wunsch beurlaubt.
Der Innenminister wollte den Innenausschuss zügig informieren, weil die Erkenntnis über den Verrat auch Gegenstand des Untersuchungsausschuss des Bundestags zu der rechtsradikalen Gruppe 'NSU' und dem Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter in Heilbronn wird. Der Berliner Untersuchungsausschuss wolle 'gesamtumfänglich' über den Ku-Klux-Klan in Baden-Württemberg informiert werden. Ehe das Thema im Bundestag angesprochen wird, sollte der Landtagsausschuss ins Bild gesetzt werden. Um an der Sitzung teilnehmen zu können, hatte Gall auf die Türkeireise mit dem Ministerpräsidenten verzichtet.
Gall wundert sich, dass es für den Mann keine Konsequenzen gab. Er habe jetzt angeordnet, dass disziplinarrechtliche Maßnahmen eingeleitet werden. Geprüft wird, ob der Vorwurf des Geheimnisverrats tatsächlich zutrifft und ob der Mann Mitglied im Ku-Klux-Klan war. Dem Innenminister zufolge wurde der Beamte mit den Vorwürfen konfrontiert. Er habe sie nicht eingeräumt.
Gall will Aufklärung und Transparenz. 'Wir tun alles in unserer Macht Stehende, um die Vorgänge aufzuklären', sagte er. Ob noch mehr nachkommt, ist offen. Bis nächste Woche will der Minister wissen, wer wann was wusste oder wissen musste. Erst am 20. August hatte der Landespolizeipräsident Wolf Hammann einen Bericht über die Kontakte von zwei Polizeibeamten zum Ku-Klux-Klan und mögliche rechtsextremistische Aktivitäten innerhalb der Polizei vorgelegt. Bei der Präsentation war die Präsidentin des Landesamts für Verfassungsschutz Beate Bube dabei. Von Verstrickungen des Verfassungsschutzes war damals nicht die Rede. Gestern antwortete Gall auf eine entsprechende Frage von Journalisten, 'ich kann heute nicht davon ausgehen, dass Frau Bube das im August wusste'. Fest steht für Gall, 'die Verfassungsschutzbehörden haben einen immensen Vertrauensverlust erlitten'. Er kündigte an, die Strukturen und Kontrollmechanismen überprüfen zu lassen. Der Verfassungsschutz habe 'wenig transparente Strukturen' entwickelt, konstatierte er unzufrieden.
Verschiedene Mitglieder des Innenausschusses zeigten sich überrascht. Thomas Blenke (CDU) wunderte sich, dass sechs Wochen nach der Präsentation des Polizeiberichts 'ein völlig neuer Sachverhalt' vorliege und verlangte die umfassende Information des Landtags. 'Erschrocken' zeigte sich Hans-Ulrich Sckerl (Grüne). Unerklärlich sei, 'dass der Mitarbeiter geräuschlos in eine andere Landesbehörde abgegeben wurde'. Sckerl will wissen, was unternommen wurde, um die Sache aufzuklären, was Beate Bube wusste und wer beteiligt war. Auch müsse man sich im Parlament Gedanken machen über die Organisation des Verfassungsschutzes.