Aktuelles vom räumungsbedrohten Rummelplatz in Berlin.

rummelplatz

Was geht eigentlich mit'm Rummelplatz? Oktober 2012. Über drei Monate ist es mitlerweile her, seit der Pachtvertrag zwischen dem Berliner Liegenschaftsfonds und der Wagengruppe „Rummelplatz“ ausgelaufen ist. Da die seit März stattfindenden Gespräche und Verhandlungen über Ersatzgelände zu keinen Ergenissen führten, beschlossen die Bewohner*innen solange auf dem Gelände in der Friedenstraße in Friedrichshain zu bleiben, bis ein adäquates Gelände gefunden ist, welches sich als Wagenplatz eignet und den Ansprüchen der Wagengruppe entspricht.

 

Anspruch, ein gutes Stichwort. Wurden der Gruppe doch bereits diverse Gelände am Stadtrand angeboten. Warum diese abgelehnt wurden? Zum einen aus Gründen, die das soziale und politische Umfeld des Rummelplatzes betreffen, zum anderen wegen einem Verdrängungsprozess, der offensichtlich und rücksichtslos im gesamten Innenstadtbereich stattfindet: Gentrifizierung. Wir wollen an dieser Stelle nicht noch einmal den Begriff erörtern und erklären, welche Nebenwirkungen und Folgen die neoliberale Stadtumstrukturierung auf das soziale Gefüge in den betroffenen Gebieten hat. Viel mehr wollen wir unseren aktuellen Standpunkt in Mitten dieses Konflikts darstellen.


Wir als Rummelplatz stellen uns gegen den Verdrängungsprozess, der durch die Gentrifizierung verursacht wird und befürworten aktuelle, soziale Kämpfe gegen steigende Mieten und die massiv stattfindende Verdrängung aus der Innenstadt. Auch das Gelände, auf dem sich der Rummelplatz zur Zeit befindet, soll sich laut Aussagen des Liegenschaftsfonds bereits im Verkauf befinden. Daher auch die Aufforderung zur Räumung des Geländes.

 

Nun sehen wir uns vor zwei Konfliktpunkten: Zum einen sehen wir nicht ein, dass wir aufgrund von angeblichen Verkaufsverhandlungen das Gelände verlassen sollen. Zumal davon auszugehen ist, dass nach einer Räumung mit großer Wahrscheinlichkeit der erneute Leerstand des Areals über einen unbestimmten Zeitraum folgt. Leerstand aus marktstrategischen Gründen, statt kultureller Vielfalt und selbstbestimmtem Leben.


Zum anderen sehen wir die bisherigen Angebote der Bezirke und des Liegenschaftsfonds über Ersatzgelände lediglich als logische Konsequenz einer kapitalistischen Entwickungspolitik, die den Ausverkauf der Stadt an vorderster Stelle vorantreibt und der wir ablehnend gegenüberstehen. Wir sind dagegen, dass tausende Menschen genötigt werden, ihren sozialen Alltag für profitorientierte Investitionspläne zu opfern. Alles, was der sogenannten Aufwertung im Weg steht, soll aus der Innenstadt verdrängt werden. Andersdenkende, Einkommensschwache, selbstorganisierte Projekte. Ebenso auch der „Rummelplatz“. Ein Ort, an dem alternative Lebenskonzepte ausprobiert werden und der einen Treffpunkt bietet für sozialkritsche und politische Diskussionen. Er ist auch ein Raum, der das Konzept eines Freiraums in Auseinandersetzung mit alltäglichen Herrschaftsmechanismen, wie beispielsweise Rassismus und Sexismus, verfolgt.


Es ist Teil unseres Anspruchs, nicht nur für unseren Wohnraum zu kämpfen, sondern auch durch Austausch und Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Gruppen und Initiativen, einen Beitrag zum öffentlichen Diskurs zur Frage „Wem gehört die Stadt?“ zu leisten und eine aktive Rolle im Widerstand gegen den aktuell stattfindenden Verdrängungsrozess zu spielen. Einen Umzug an den Stadtrand werden wir folglich nicht akzeptieren.

 

Wie steht es aber nun konkret um die Perspektive des Rummelplatzes?

 

Verhandlungen mit dem Liegenschaftsfonds über geeignete Ausweichflächen sind gescheitert. Stattdessen fordert er nachdrücklich die Übergabe des beräumten Geländes und droht mit baldiger Räumung durch einen Gerichtsvollzieher. Die drohende Räumung ist in unseren Augen zwar spekulativ, kann aber trotzdem jederzeit vollzogen werden.

Konkrete Gespräche über ein Ersatzgelände konzentrieren sich zur Zeit auf Lichtenberg sowohl auf Bezirksebene, als auch mit Vertreter*innen unterschiedlicher Fraktionen und Vereine. Bezirksbürgermeister Geisel jedoch sprach sich gegen einen Umzug auf das von uns geforderte Areal aus. Stattdessen sieht er als einzige Option Brachflächen am Stadtrand von Hohenschönhausen. Seine Meinung, auch in Hohenschönhausen seien bunte Kultur und soziale Projekte wichtig, teilen wir. Jedoch verstehen wir uns nicht als vom Senat geförderten Sozialverein, der im Interesse des Bezirks Stadtteilarbeit leistet. Wir sind ein selbstorganisiertes, unkommerzielles Projekt, ohne finanzielle Fördermittel und wollen selbst bestimmen, wo und wie wir wohnen und agieren. Ein Gelände am Stadtrand sehen wir nicht als geeigneten Ort für unser Projekt. Der Platz wäre aus seinem sozialen Umfeld und der Schwerpunkt unserer Projektarbeit aus ortlichem und inhaltlichem Kontext gerissen.

Geisels Argument, Nachbar*innen des von uns geforderten Geländes würden sich wahrscheinlich gestört fühlen, konnten wir durch Gespräche mit zahlreichen Anwohner*innen bereits entkräften. Im Gegenteil sogar, viele Menschen begrüßen unser Projekt und sind offen für alternatives Leben in ihrem Kiez. Sowohl Vereine, wie z.B. der dort ansässige „VVN-BdA“, als auch Mitglieder und Vertreter*innen unterschiedlicher Fraktionen und basisparteilicher Organisationen befürworten den Rummelplatz mit seinem Konzept und wollen ihm eine Perspektive im Kiez bieten.

Trotz aller Initiativen der Wagenbewohner*innen in Dialog mit Anwohnerschaft, ansässigen Vereinsstrukturen und basisorientierten Gruppen zu treten, müssen wir momentan weiterhin daran arbeiten, nötige Voraussetzungen für den Umzug auf ein geeignetes Gelände zu schaffen.

Solange es jedoch keine echte Alternative gibt, werden wir in der Friedenstraße bleiben und den Androhungen des Lifos zum Trotz uns auf den Winter einrichten und die nötige Infrastruktur für den Wagenplatzalltag aufrechterhalten. Wir sind nach wie vor an einer friedlichen Lösung interessiert. Sollte es entgegen aller Erwartungen trotzdem zu einer Eskalation seitens des Lifos oder der Politik kommen, werden wir Mittel und Wege finden, angemessen darauf zu reagieren.

 

Achtet auf Ankündigungen. Momentan finden Gespräche zwar beständig statt, dessen Ergebnisse entwickeln sich jedoch sehr kurzfristig und unverbindlich.

 

Wir senden solidarische Grüße an alle anderen Wagenplätze und selbstorganisierten Projekte. Wir solidarisieren uns mit allen von Gentrifizieung betroffenen Menschen und rufen dazu auf sich zu organisieren und sich gegen drohende Verdrängung zu wehren.

 

PLATZ DA!!!

Jeder Rummel braucht seinen Platz!

 

Wagengruppe Rummelplatz