BI Umweltschutz fordert Birkner zu politischem Handeln auf
Wie ist das mit der Halbwertzeit von Politiker-Versprechen? Im Herbst 2011 betonten der damalige niedersächsische Umweltminister Hans –Heinrich Sander (FDP) und sein Kabinettskollege, der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) übereinstimmend, sie gingen davon aus, "das war der letzte Transport, der nach Gorleben gekommen ist". Für die 21 weiteren Castor-Behälter, die noch Abfälle aus der Wiederaufarbeitung deutscher Brennelementen in Großbritannien zurückbringen sollen, müsse man Möglichkeiten der Lagerung in Zwischenlagern an Atomkraftwerken prüfen. Die dafür notwendigen Genehmigungsverfahren seien aber Sache der Umweltminister und nicht des Innenministers, sagte Schünemann unter dem Eindruck des beharrlichen Protests gegen den 13. Castor-Transport im vergangenen Jahr.
Doch was ist seitdem geschehen? Sanders Nachfolger Stefan Birkner (FDP) drückt sich vor einer öffentlichen Debatte im Wendland, die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) unterstreicht zu Recht, dass jeder Castor – bisher stehen in Gorleben 113 Behälter mit hochradioaktiven Abfällen – den Standort auch für ein prospektives Endlager zementiere. Auf Anfrage der BI erklärt jetzt das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), dass die Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) an Gorleben als Zielort für die nächsten Castor-Transporte festhält, von einer politischen Intervention des niedersächsischen Umweltministers, die Transporte zu stoppen, ist dem BfS nichts bekannt. Im Gegenteil, das BfS teilt der BI mit:" Die GNS bzw. die Brennelementlager Gorleben GmbH (BLG) hat mit Schreiben vom 02. Februar 2012 bzw. vom 10. Februar 2012 beim BfS nach § 6 AtG die Aufbewahrung von verfestigten mittelradioaktiven Abfällen (MAW-Glaskokillen) in Transport- und Lagerbehältern der Bauart CASTOR HAW28M im Transportbehälterlager
Gorleben beantragt. Der Antrag befindet sich derzeit in der Prüfung."
Die Antragstellerseite gehe dabei aus heutiger Sicht offenbar von einer Einlagerung von bis zu 5 Transport- und Lagerbehältern CASTOR HAW28M mit wärmeentwickelnden Glaskokillen aus. Die Abfälle stammen aus der Wiederaufarbeitung bestrahlter Brennelemente aus deutschen Kernkraftwerken bei der "AREVA NC" in La Hague und sind von Frankreich nach Deutschland zurückzuführen." Die Anlieferung solle bis zum Jahr 2015 erfolgen, denn ab dem Jahr 2015 ist die Anlieferung von 21 Castor-Behältern aus der britischen Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield geplant. Die BfS: " Anträge auf Lagerung an einem Alternativstandort liegen nicht vor."
Zu dem möglichen Swapping, also einem Tausch von schwach- und mittelaktiven Abfällen gegen einen Behälter mit hochaktivem Müll, wie es bereits für Sellafield eingeplant ist, in einem weiteren Fall schreibt das BfS: "Das Forschungszentrum Jülich hat am 16.5.2012 in einer Internetmeldung mitgeteilt, dass es wegen fehlender Entsorgungsmöglichkeiten und zur Erfüllung der atomgesetzlichen Vorgaben 1992/93 176 abgebrannte Brennstäbe aus den beiden Forschungsreaktoren (DIDO und Merlin) zur Wiederaufarbeitung nach Dounreay (Schottland/UK) gebracht habe. Im Tausch für die dabei entstandenen Wiederaufarbeitungsabfälle solle „eine volumenmäßig erheblich kleinere Glaskokille mit entsprechender Aktivität aus der Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield (England/UK) getauscht und mit anderen Abfällen eines deutschen Energieversorgers in ein entsprechend
genehmigtes Zwischenlager transportiert werden“.
Allerdings lägen dem BfS keine Antragsunterlagen vor, aus denen hervorgeht, dass Wiederaufarbeitungsabfälle Abfälle des FZJ aus Dounreay oder im Tausch dafür Glaskokillen aus Sellafield nach Gorleben oder an einen anderen Standort in Deutschland gebracht werden sollen.
"Von Stefan Birkner, aber vor allem vom niedersächsischen Ministerpräsidenten McAllister erwarten wir jetzt Klartext: denn die vorhandene Infrastruktur in Gorleben und die eingelagerten Atommüllbehälter werden bei der Endlagersuche ein Faktor sein, Gorleben zu favorisieren, statt den Standort wegen seiner flagranten geologischen Mängel zu streichen", fordert Wolfgang Ehmke seitens der BI.
Lennart Müller Kontakt: presse@bi-luechow-dannenberg.de Tel. 0175-199 29 89 Wolfgang Ehmke Tel. 0170-510 56 06
Endlagersuchgesetz: Öffentlichkeit weiter außen vor
Die Vorlage eines Endlagersuchgesetzes im Bundeskabinett wird sich offenbar bis nach der Sommerpause verschieben, das berichtet die Süddeutsche Zeitung. Eine zähe Annäherung in strittigen Fragen wie der, welche Bundesbehörde den Suchauftrag erhält, sei zwar nach einem "Küchengespräch" zwischen Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU), Sigmar Gabriel (SPD) und Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin zu verzeichnen. Die Anerkenntnis der Forderung von Umweltverbänden und Anti-AKW-Initiativen, dass die Öffentlichkeit zu Wort kommen müsse, zeige demnach auch nur zaghafte Fortschritte, schreibt die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI).
Dem SZ-Bericht zufolge sei ein Symposium geplant, auf dem Bürger und potentiell betroffene Standortregionen zu Wort kämen. "Das ist weit von dem entfernt, was wir seit Monaten fordern", sagte BI-Sprecher Lennart Müller. Einem Gesetzentwurf müsse eine öffentliche Debatte des Atommülldesasters vorgeschaltet werden. "Die entscheidenden Akteure handeln nach dem demokratiefeindlichen Prinzip "decide and defend" – entscheide und verteidige deine Beschlüsse, Regierungs- noch Oppositionsspitzen haben aus Stuttgart 21 und dem Gorleben-Konflikt nichts gelernt", sekundiert Wolfgang Ehmke (BI). Erst müsse debattiert und dann beschlossen werden.
Lennart Müller Kontakt: presse@bi-luechow-dannenberg.de Tel. 0175-199 29 89 Wolfgang Ehmke Tel. 0170-510 56 06
Verschwinden lassen und vergessen
Die Sommerausgabe der Gorleben Rundschau ist da
Der Schriftsteller Andreas Maier, dessen Zeit-Artikel „Die Legende vom Salzstock“ unvergessen ist, setzt sich mit der Atommüllpolitik auseinander "Manches sieht man nicht, und man soll es auch nicht sehen. Wir versenken Dinge in den Grund, als könnte das helfen. Wir sind wie die Kinder, die sich die Augen zuhalten, damit nicht mehr vorhanden ist, was sie erschreckt." Maier bescheinigt der offiziellen Politik ein kindisches Verhalten. Die Symbolik der Atommüll-Gegner rund um die Asse II und Gorleben hingegen, das "A" und "X", das Felder, Autos und Häuser ziert, verhindert das Vergessen. Nachzulesen ist der Aufsatz in dem Doppelheft Juli/August 2012 der Gorleben Rundschau, deren Printausgabe jetzt vorliegt.
Weiter geht es mit dem Hausthema Gorleben: "Lesen Sie das Kleingedruckte!"fordert Wolfgang Ehmke. Er setzt sich mit dem Endlagersuchgesetz auseinander und findet, schon aus dem Gesetzentwurf für eine neue Endlagersuche werde deutlich, dass Gorleben der heimliche Favorit bleiben soll. Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) ist mittendrin in dieser Debatte. Martin Donat, der neue BI-Vorsitzende, erläutert die Position der Gorleben-Gegner im Interview!
Und es steht eine weitere Japan-Reise an. Mehr als ein Jahr nach der verheerenden Atomkatastrophe in Fukushima ist erstmals wieder ein japanisches Kernkraftwerk hochgefahren worden. Der Reaktor 3 des Meilers Oi ging am Sonntag ans Netz. Doch die Anti-Atom-Bewegung in Japan erhält immer mehr Zulauf. Hunderte Demonstranten blockierten am Sonntag die Zufahrt zu dem AKW, um gegen die Wiederinbetriebnahme der Anlage zu protestieren. „Nein zum Wiederanfahren“, riefen die Demonstranten laut "Tageszeitung" vor dem Kraftwerk im Westen Japans.
Bereits Samstagnacht hatten rund 650 Menschen vor der Atomanlage demonstriert. "Zustände wie in Gorleben" titelte die TAZ. Martin Donat und der BI-Sprecher Lennart Müller sind zu der Gedenkfeier am 6. August nach Hiroshima eingeladen worden. Sie werden auf den engen Zusammenhang von militärischer und "ziviler" Nutzung der Atomkraft verweisen.
Wolfgang Ehmke 0170 510 56 06 (od. 05863 98 30 76)
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