Ötigheim (dm) - Inwieweit ist Ötigheim Treffpunkt der Neonazi-Szene, wie tief reichen die Verstrickungen? Auch zwei Tage nach dem "Nazi-Outing" der Antifa im Telldorf sorgen die Aktion und die dabei kolportierten Informationen für Gesprächsstoff. Wie berichtet, hatten Antifa-Aktivisten in der Nacht zu Montag Flyer verteilt, die Polizei verhinderte Auseinandersetzungen. Im Visier der Antifa: Zwei junge Männer, die als "Neonazi-Kader" bezichtigt werden, die Jugendliche an faschistische Ideologien heranführten, sowie eine Gaststätte, die als Treffpunkt diene.
Doch das "Nazi-Outing" der Antifa, bei dem private Informationen über tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextreme veröffentlicht werden, ist nicht unumstritten. Die Bundeszentrale für politische Bildung bemängelt unter anderem, dass das "Meldesystem" fehleranfällig sei. So war im aktuellen Fall nach BT-Informationen die von der Antifa veröffentlichte Hausnummer in der Wohnadresse falsch.
Nachzuvollziehen ist zumindest die Nähe der Männer zur rechtsextremen Szene. Auf ihren Facebook-Seiten im Internet haben beide Interessen eingetragen wie Hermann Göring oder Horst Wessel ("gefällt mir"), einer führt zudem die NPD und eine Band aus der rechten Hooligan-Szene an. Auf einer Freundesliste finden sich auch Namen, die der regionalen Neonazi-Szene zugeordnet werden - und junge Ötigheimer im Teenie-Alter.
Einen "Szenetreff" sieht die Polizei derzeit indes nicht in Ötigheim. Laut Abteilung Staatsschutz wohnen im Telldorf zwar "Personen des rechten Spektrums", Veranstaltungen gebe es dort aber keine. Gleichwohl bleibe die Situation unter Beobachtung - nach den jüngsten Vorfällen noch intensiver.
In der von der Antifa genannten Gaststätte weist man deren Anschuldigungen unterdessen vehement zurück. Was die Gäste privat machen, könne man nicht sagen. Aber Neonazi-Treffen fänden im Lokal nicht statt, so die Wirtin. Einen Vorfall habe es im vergangenen Jahr gegeben, bei dem eine Parole gerufen wurde - der fremde Gast und dessen Begleiter seien sofort des Hauses verwiesen worden.
Dass Linke protestierend im Telldorf aufmarschierten, war Montagnacht im Übrigen keine Premiere. Schon im vergangenen Jahr standen Befürchtungen im Raum, dass sich an der Wohnadresse einer jungen Frau ein Neonazi-Treffpunkt etablieren könnte, wie Bürgermeister Werner Happold weiß. Vermutlich aus diesem Grund marschierten im Juni 2011 rund 100 Linke durch die Straße und skandierten; anschließend seien die Demonstranten wohl zur Demo nach Söllingen gefahren. Damals war das dortige "Rössle" noch Treffpunkt der rechtsextremen Szene der Region.
Ansonsten ist Happold ein Großeinsatz der Polizei vor rund zwei Jahren bekannt, als Rechtsradikale das ehemalige Kleintierzuchtheim unter Vorspiegelung falscher Tatsachen gemietet hatten. Der Mietvertrag wurde vom Verein gekündigt, am betreffenden Tag kontrollierte die Polizei an allen Ortseingängen und habe das Treffen somit verhindert.