Gürth: Landtag steht auf, weil es notwendig war

Erstveröffentlicht: 
09.06.2012

Kundgebung nach Eskalation in Insel / Gericht bestätigt Verbot der NPD-Demo / Haseloff vermittelt in Stendal

Mit einem Bekenntnis für Menschenwürde und gegen Rechtsextremismus haben Landtagsmitglieder gestern in Insel ein Zeichen gesetzt. Das von der Polizei verfügte Verbot einer von Rechtsextremen angemeldeten Kundgebung war zuvor gerichtlich bestätigt worden.

 

Insel l "Das ist ein besonderer Tag und ein einmaliger Vorgang: Ein Verfassungsorgan ist aufgestanden, weil es notwendig war", sagte Landtagspräsident Detlef Gürth (CDU) gestern mitten im Altmarkdorf Insel. Rund 200 Teilnehmer, darunter 70 Landtagsabgeordnete und deren Mitarbeiter, waren in den Stendaler Ortsteil gekommen, "um ein unmissverständliches Zeichen" zu setzen, betonte Gürth: "Die Würde des Menschen ist unantastbar. Zu jeder Zeit, überall, an jedem Ort".

In Insel hatten in den vergangen Monaten wiederholt mehrere Dutzend Bürger gegen den Aufenthalt von zwei aus der Sicherungsverwahrung entlassenen Sexualstraftätern protestiert. Die Konflikte waren am vergangenen Wochenende eskaliert, als Mitglieder der rechten Szene auf das Grundstück der beiden Männer dringen wollten und Mitglieder der regionalen Neonazi-Szene eine Kundgebung in dem Ort ankündigten.

 

"Es darf kein Paktieren mit Nazis geben."

Landtagspräsident Detlef Gürth

"Es darf kein Paktieren mit Nazis geben", unterstrich Gürth. Er räumte zugleich ein: "Es gibt ernstzunehmende Ängste, Sorgen und Belastungen der Bewohner von Insel, die fortbestehen, wenn wir heute Abend mit dem Bus nach Magdeburg zurückfahren." Der Landtagspräsident bekräftigte, dass er nicht gekommen sei, "um die Bewohner zu belehren oder zu beschimpfen". Neben Gürth und mehreren Vorsitzenden der Landtagsfraktionen waren als Vertreter der Landesregierung mit Ministerpräsident Reiner Haseloff und die Minister Holger Stahlknecht (Innen, beide CDU) und Angela Kolb (Justiz, SPD) an der Spitze nach Insel gekommen. Sie trafen indes auf kaum mehr als ein Dutzend Einwohner aus Insel.

Der Ministerpräsident hatte tagsüber in Stendal die Lage mit Landrat Jörg Hellmuth und Oberbürgermeister Klaus Schmotz (beide CDU) beraten und vermittelt. So sprach er mit den Vertretern der Bürgerinitiative, Claudia Bartels und Nico Stiller. "Wir werden weiter einen engen Kontakt halten. Die Bürgerinitiative wird jetzt in der nächsten Woche beraten, wie sie mit der neuen Lage umgeht", zeigte sich Haseloff gegenüber der Volksstimme optimistisch, dass "durch neue Gespräche eine andere Bewältigung des Konflikts möglich wird".

Justizministerin Angela Kolb (SPD) kündigte am Rande der Kundgebung an, dass der Umgang mit ehemaligen Sicherungsverwahrten von Sachsen-Anhalt auf die Tagesordnung der nächsten Justizministerkonferenz gesetzt werde. "Wir müssen aber auch überlegen, wie wir die Menschen vor Ort überzeugen können". räumte sie ein.

 

"Klares Signal, wo die Grenzen der NPD sind."

Innenminister Holger Stahlknecht

Gestern Mittag hatte das Verwaltungsgericht Magdeburg das Verbot der von Rechtsextremen angemeldeten Kundgebung untersagt. Es bestätigte damit das Verbot, das die Polizeidirektion Nord am Mittwoch ausgesprochen und mit der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit begründet hatte. Am Nachmittag bestätigte das Oberverwaltungsgericht das Verbot. Zweck und Ziel der Versammlung sei es, die in Insel geschaffene pogromartige Lage, die auf eine Vertreibung der ehemaligen Strafgefangenen gerichtet sei, aufrechtzuerhalten und zu stützen, begründete der Senat des Oberverwaltungsgerichts seine Entscheidung. Die Stimmungslage in Insel habe sich zugespitzt.

Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) begrüßte diese Entscheidung "als klares Signal für ganz Deutschland, wo die Grenzen der NPD sind".