Ministerpräsident will Rechte der entlassenen Straftäter durchsetzen
Magdeburg l Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte gestern nach einer Kabinettssitzung in Magdeburg: "Wir distanzieren uns ganz klar von den zum Teil beschämenden Handlungsweisen einzelner Bürger. Wir werden alle rechtsstaatlichen Mittel einsetzen, damit so etwas nicht noch einmal vorkommt."
Am Wochenende hatten Demonstranten, darunter Neonazis, versucht, das Haus der seit 2011 in Insel lebenden Ex-Straftäter zu stürmen. Die Polizei konnte das verhindern. Das Haus ist seitdem massiv gesichert, unter anderem mit Absperrgittern.
"Wir sorgen dafür, dass der Rechtsstaat nicht angegriffen wird."
Innenminister Holger Stahlknecht
"Wir werden alles dafür tun, dass Persönlichkeits-, Menschen- und Grundrechte aller Bürger eingehalten und respektiert werden, unabhängig von ihrer Biografie", sagte Haseloff. "Da gibt es keinerlei Abstriche." Dafür zu demonstrieren, dass Menschen wegziehen, sei "politisch nicht akzeptabel". Und weiter: "Wir haben eine Situation erreicht, die wir nicht hinnehmen und der wir uns als Vertreter des Rechtsstaates nicht beugen werden."
Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) sagte: "Wir werden dafür sorgen, dass der Rechtsstaat nicht angegriffen wird." Ob es für eine für Freitag angekündigte Demonstration eine Genehmigung geben wird, ließ der Minister noch offen. "In meinem Kopf ist alles drin, was juristisch möglich ist", sagte er ausweichend. Gerichtlich waren bereits Auflagen bestätigt worden, wonach die Demonstranten nicht zu nahe an das Haus der Männer heran dürfen.
Haseloff geht davon aus, dass die 54 und 64 Jahre alten Männer in Insel bleiben werden. Ein Wegzug ist bisher gescheitert. Der jüngere der Ex-Häftlinge war im Mai nach Chemnitz gezogen, aber wenige Tage später wieder zurückgekommen. Sein neuer Wohnort war durch einen Zeitungsbericht bekannt geworden. Auch dort hatte es Proteste, organisiert von der rechtsextremen NPD, gegeben.
Der Regierungschef unterstrich, er nehme die Sorgen der Menschen in Insel "sehr, sehr ernst". Zugleich betonte er, dass die früher Sicherungsverwahrten alle Auflagen zu 100 Prozent erfüllt hätten. Haseloff warb dafür, dass "sich die Gräben nicht noch weiter auftun. Man muss einander respektieren und einander in Ruhe lassen". Er räumte ein, dass die Probleme "nicht so einfach zu lösen" seien: "Eine Detaillösung habe auch ich nicht parat."
Justizministerin Angela Kolb (SPD) sagte zur derzeitigen Lage: "Das macht uns betroffen und ein Stück ratlos." Es müsse auf jeden Fall mehr getan werden, um Ängste auf beiden Seiten zu nehmen.
Die rechtspolitischen Sprecher der Landtagsfraktionen riefen unterdessen dazu auf, am Freitag in Insel Gesicht zu zeigen. Es sei dringend notwendig, dass auch die Parlamentsmitglieder vor Ort unmissverständlich zum Ausdruck brächten, dass die Menschenrechte für alle gelten würden, hieß es.