Eskalation in Insel

eskalation in insel
Erstveröffentlicht: 
02.06.2012

INSEL/MZ. In der Altmarkgemeinde Insel ist am Freitagabend die Situation vor dem Haus der dort lebenden Sexualstraftäter eskaliert: Nach MZ-Informationen versuchte eine Gruppe von Einwohnern und zugereisten Rechtsextremen nach einer Demonstration das Grundstück zu stürmen und in das Haus einzudringen. Nur mit massiver Präsenz der Polizei konnte dies verhindert werden. Die Angriffe dauerten bis Mitternacht an.


Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) bestätigte auf MZ-Anfrage die Vorgänge: „Es stimmt, gegen 19.45 Uhr hat erstmals eine Gruppe von ungefähr 50 Personen versucht, das Grundstück zu stürmen und in das Gebäude einzudringen.“ Zuvor war es in der Gemeinde zu einer spontanen, nicht angemeldeten Demonstration gekommen, die ihren Anfang am Dorfgemeinschaftshaus nahm. Mit Polizeiketten der insgesamt 30 eingesetzten Beamten sei es gelungen, diesen sowie folgende Angriffe abzuwehren, so Stahlknecht.

„Es handelte sich größtenteils um Einwohner, aber es ist nicht auszuschließen, dass auch Rechtsextreme dabei waren“, sagte der Innenminister. Die Beamten hätten zahlreiche Platzverweise ausgesprochen, denen jedoch teilweise nicht gefolgt wurde. Offenbar mussten die Angreifer mit erheblichem Einsatz zurückgedrängt werden, wobei Stahlknecht jedoch betonte, dass man bemüht gewesen sei, die Situation nicht weiter eskalieren zu lassen.

Nach dem ersten Angriff hat es mindestens zwei weitere gegeben. Die Polizei hatte daraufhin einen Sicherheitskorridor um das gesamte Grundstück errichtet. Kurz vor Mitternacht hätten jedoch sieben Personen, die der rechtsextremen Szene zuzuordnen seien, versucht, die Absperrungen zu überwinden, so Stahlknecht. Auch dies habe die Polizei verhindern können. Danach habe sich die Lage zunächst beruhigt. Bei der Polizei vor Ort herrscht aber nach wie vor Alarmbereitschaft, da erneute Übergriffe nicht auszuschließen sind.

Die 54 und 64 Jahre alten Männer waren im vergangenen Frühjahr aus Baden-Württemberg nach Insel gezogen. Sie waren wegen mehrfachen Vergewaltigungen zu langen Haftstrafen mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes kamen sie frei und versuchten auf Vermittlung eines Freiburger Tierarztes, in der Altmark ein neues Leben zu beginnen. Als ihre Identität im August bekannt wurde, kam es regelmäßig zu Demonstrationen gegen den Verbleib der Männer in Insel. Der jüngere der beiden war dann vor zwei Wochen nach Chemnitz gezogen. Dort wurde jedoch dessen neue Adresse von der „Bild“-Zeitung öffentlich gemacht, worauf es unter Führung der rechtsextremen NPD zu einer Demonstration vor der Wohnung des Mannes kam. Der 54-Jährige kehrte daraufhin fluchtartig nach Insel zurück. Der ältere Mann hatte einen Umzug aufgrund einer lebensbedrohlichen Erkrankung abgelehnt.

Am Freitagnachmittag kam es dann zunächst zu einem Gespräch von Justizstaatssekretär Eberhard Schmidt-Elsaeßer (SPD) mit Vertreter der Inseler Bürgerinitiative und des Stendaler Oberbürgermeisters. Schmidt-Elsaeßer hatte zuvor mehrfach betont, dass sich die Männer seit ihrer Ankunft in Insel an alle Auflagen der Behörden halten würden. Das Gespräch verlief ergebnislos, es wurde dabei offensichtlich, dass sich ein Teil der Bürgerinitiative radikalisieren und mit Rechtsextremen verbinden will, um die beiden Männer aus Insel zu vertreiben.

Am Abend eskalierte dann die Situation. Innenminister Stahlknecht verurteilte die Vorgänge scharf: „Das, was in Chemnitz passiert ist und der Umgang mit den beiden Männer in Insel finde ich katastrophal“, sagte Stahlknecht der MZ.