Heute hat er begonnen, der 22. Burschentag der Deutschen Burschenschaft (DB) in Eisenach seit der Wende. Dieses Jahr glänzen die völkischen Nationalisten und Sexisten der DB nicht durch einen „Ariernachweis“. Nichtsdestotrotz gibt es für die bürgerliche Presse genug gefundenes Fressen, über das es zu berichten lohnt. Anfang des Jahres wurde eine Aussage Norbert Weidners (Schriftleiter der Burschenschaftlichen Blätter) veröffentlicht, in der er den christlichen Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer als „Vaterlandsverräter“ und dessen Todesurteil durch die Nazis als „rein juristisch gerechtfertigt“ bezeichnet hatte. Zudem hatte er Bonhoeffer für den „Tod Tausender deutsche(r) Soldaten“ verantwortlich gemacht. Grund genug für einen lauten Aufschrei bürgerlicher Empörung. Dass ein ehemaliger FAP-Kader in der Deutschen Burschenschaft eine solche Schlüsselposition einnehmen kann und zu solchen Urteilen kommt, ist jedoch weder ein Versehen, noch ein bedauerlicher Einzelfall. Daher könnte das Verhalten der Initative „Quo Vadis Buxe“ bestenfalls als naiv interpretiert werden. Sie wollen in den Farben der BRD ein Plakat mit dem Satz „Wer die Demokratie links liegen lässt, tritt rechts in die Sche..e “ aufstellen.
Die Alten Herren und ihre vermeintliche Kehrtwende
Diese Initiative geht auf die Alten Herren der Raczeks zu Bonn zurück, die ganz empört darüber sind, dass auf einmal Nazis in ihren Reihen organisiert sein sollen. Sie halten sich für Liberale und wollen eigentlich, dass die DB in ihrer jetzigen Form bestehen bleibt - nur dann ohne Nazis. Wer aber jahrelang in der DB organisiert ist und deren Grundsatzprogramm kennt, kann sich nicht glaubhaft so naiv geben, als sei ihm durch die Veröffentlichung der Interna der Burschenschaftlichen Gemeinschaft wie Schuppen von den Augen gefallen, mit wem er da jahrelang zusammen gearbeitet hat.
Kein Weg zurück
Weil ihnen die Unmöglichkeit ihres eigenen Schauspiels selbst auffällt, versuchen sie nun mit aller Anstrengung ihr Image aufzupolieren. Was das Bündnis gegen den Burschentag in seinen Mobilisierungsveranstaltungen plausibel als formalen Machtkampf zwischen Ideologen und Pragmatikern dargestellt hat, lässt sich an diesem offenen Konflikt gut nachzeichnen. Erst als die mediale Debatte derart aufflammte, dass ein Bekenntnis zur Deutschen Burschenschaft in der Öffentlichkeit gleichzeitig als ein Bekenntnis zur Zusammenarbeit mit Nazis galt, sahen sich die Alten Herren genötigt Position zu beziehen. Die Grundwerte der DB stellen sie dabei nicht in Frage. Wer die Debatten um die Deutsche Burschenschaft in den letzten Jahren verfolgt hat, weiß ganz genau um welches Milieu es sich dabei handelt. Und nicht zuletzt werden beim Totengedenken am Burschenschaftsdenkmal alle drei Strophen des Deutschlandliedes gesungen – und zwar von allen!
Es kann also davon ausgegangen werden, dass die Flucht nach vorn durch die vermeintlichen Liberalen vor allem davon getrieben ist, das eigene Image zu retten. Und das gelingt ihnen nicht schlecht. Neben der „Initiative Burschenschaftliche Zukunft“ ist das nun schon die zweite Initiative aus den Reihen der DB, die von der bürgerlichen Ideologie wärmstens in den eigenen Reihen empfangen wird.
Die bürgerliche Presse
Mit viel Tamtam übernimmt die Presse – nach fast schon klassischem Muster – das Selbstbild der „Aussteiger“. Liberale sollen es sein, die die Deutsche Burschenschaft so scharf kritisieren. In einem Zeit-Artikel führt das sogar so weit, dass der Journalist nicht zwischen dem linksradikalen Aufruf des 'Bündnisses gegen den Burschentag' und der Initiative der Alten Herren differenziert - beides wird in einem Atemzug genannt. In einem taz-Artikel vom 30. Mai wird das linksradikale Bündnis, das bundesweit mobilisiert, gar nicht erst erwähnt. Viel Platz erhält hingegen die Initiative „Burschenschafter gegen Nazis“.
Auch das dürfte nicht wundern, wird doch das Milieu der Studentenverbindungen grundsätzlich als ein – zwar antiquierter aber dennoch – legitimer Bestandteil der Gesellschaft verhandelt. Studentenverbindungen werden zum Großteil verharmlost, ihre Rituale als unpolitisch abgetan und ihre Grundsätze und Vorstellungen zu Privatmeinungen verklärt. In diesem Milieu drücken sich jedoch alle Herrschaftsformen der kapitalistischen Gesellschaft in ihrer besonderen deutschen Widerwärtigkeit aus: autoritärer Charakter, Elitenförderung, Sexismus, Homophobie, Männerbündelei und Nationalismus. Ein Grund für die heimliche Affinität der deutschen Mehrheitsgesellschaft zu ihren kostümtragenden Sonderlingen?
Die DB ist dabei nur die Spitze des Eisberges und darf deswegen auch nicht unabhängig von den anderen Verbindungen betrachtet werden. Sie entspringt, ebenso wie alle anderen Verbindungen, der bürgerliche Mitte. Dabei ist sie gerade – dank der feministischen und antifaschistischen Intervention – nur in der besonders unglücklichen Lage, Abgrenzungsfolie für Konservative jeglicher Couleur zu sein. An der DB kann man sich gerade wunderbar als aufrichtiger Demokrat inszenieren. Auch das ist geradezu klassisch für den deutschen Umgang mit Nazis.
Wie weiter?
Die Deutsche Burschenschaft wird sich nicht auflösen, aber man kann ihr das Leben so schwer wie möglich machen. Erfreulich ist in diesem Zusammenhang, dass sich in Thüringen die zivilgesellschaftlichen Kräfte ebenfalls zu einer Stellungnahme gegen die Deutsche Burschenschaft entschlossen haben. Jenseits der Deutschen Burschenschaft, gilt es aber immer wieder die gesamte Gesellschaft zu kritisieren und bis zur Möglichkeit der Aufhebung des falschen Ganzen, die Studentenverbindungen im Handgemenge zu delegitimieren und zu marginalisieren.
Daher halten wir es mit dem Bündnisaufruf:
Den Burschentag in Eisenach zum Desaster machen – Verbindungen auflösen!
Verweise:
http://www.zeit.de/gesellschaft/2012-05/burschenschaften-neonazis-rechtsextremismus