Krawall bei NPD-Kundgebung in Göppingen

Kreis Göppingen - Tumultartige Szenen haben sich bei einer Kundgebung der NPD am Samstag vor dem Göppinger Bahnhof abgespielt. Während die Mehrheit der Gegendemonstranten mit Pfiffen und Buhrufen verhinderte, dass die Neonazis überhaupt zu Wort kamen, nutzten Mitglieder des sogenannten Schwarzen Blocks, die offenbar von außerhalb angereist waren, die Gelegenheit, um Krawall zu schlagen. Sie bewarfen die Neonazis mit Eiern und Bierflaschen. Zum Schluss flog auch noch ein Knallkörper über die Abschrankung, so dass die Polizei, die mit 130 Mann an Ort und Stelle war, die rund 80 Neonazis vorübergehend zurück in das Bahnhofsgebäude bugsieren musste. Dort kam es zu einem Gerangel, in dessen Verlauf die Beamten Pfefferspray einsetzten.

 

Dabei schien es zunächst so, als ob alles friedlich bleiben würde, wie bei dem Aufmarsch der Autonomen Nationalisten Göppingen im März. Zunächst war von Neonazis nichts zu sehen, und die Gegendemonstranten – die Polizei spricht von etwa 400 – mussten erst einmal warten. Der Zug aus Geislingen, wo der NPD-Demonstrationsstaffellauf durch den Kreis Göppingen begann, hatte Verspätung. Wegen eines Feuers, das Unbekannte am Geislinger Bahnhof gelegt hatten und das zwei Kabelschächte beschädigte, hatte der Zugverkehr vorübergehend eingestellt werden müssen.

 

Dass die Kirchen fehlen, fällt auf


Als die Mitglieder der NPD, der Autonomen Nationalisten Göppingen und anderer tiefbrauner Gruppierungen um 13.45 Uhr mit einer Dreiviertelstunde Verspätung schließlich in Göppingen eintrafen, heizte sich die Stimmung zusehends auf. Rechts des Haupteingangs des Bahnhofsgebäudes hatten sich Mitglieder des sogenannten schwarzen Blocks postiert, die nur auf eine Gelegenheit warteten, ihrer Wut freien Lauf zu lassen. Ein paar junge Frauen, die sich bei den Gegendemonstranten eingereiht hatten, fanden ihr Auftreten beängstigend. „Die sind nicht besser als die Neonazis“, sagten sie. Auch eine Frau, die unermüdlich „Nazis raus“ skandierte, äußerte sich erschüttert über das Auftreten dieser Gruppierung und bedauerte, dass nicht noch mehr „Normale“ gekommen waren. Befremdlich fand die Kirchengemeinderätin, die zu Besuch in Göppingen war, dass die Kirchen nicht präsent waren. „Bei uns hat das Dekanat die Leute flottgemacht.“

 

Viele Migranten sind fassungslos


Fassungslos, dass in Deutschland die NPD noch immer nicht verboten ist und nach wie vor öffentliche Kundgebungen machen darf, äußerten sich viele Migranten, die ebenfalls gegen die Kundgebung demonstrierten. „Ich verstehe nicht, dass der deutsche Staat immer noch die Nazis schützt“, sagte eine Frau türkischer Herkunft. Dies sei umso schlimmer, als die NPD offensichtlich in die Morde der Zwickauer Zelle verstrickt sei.

Trotz des Auftretens des schwarzen Blocks zog Alexander Maier, der Sprecher des Bündnisses Kreis Göppingen Nazifrei, eine positive Bilanz. „Die Nazis sind erst einmal weg, und die werden sich gut überlegen, ob sie noch einmal nach Göppingen kommen.“ Er distanzierte sich entschieden von den Krawallmachern. „Wir lehnen jegliche Gewalt ab, egal ob von rechts oder links. Leider können wir nicht beeinflussen, wer kommt.“ Erfreulich sei, dass viele Menschen aus der Mitte der Gesellschaft Flagge gezeigt hätten, auch die Sozialbürgermeisterin Gabriele Zull sei gekommen. Maier hofft aber, dass künftig mehr Repräsentanten der Stadt Farbe bekennen. Enttäuscht äußerte er sich über den Oberbürgermeister Guido Till, der erneut ferngeblieben war. In Esslingen hingegen sei der OB Jürgen Zieger sogar der Schirmherr eines Bündnisses gegen rechts.

Immerhin haben die Göppinger Stadträte Farbe bekannt und sich mit ihrem Kollegen Christian Stähle solidarisch erklärt. Sie verurteilten in einer gemeinsamen Erklärung die Morddrohung gegen den Linken-Stadtrat. „Bei aller Meinungsverschiedenheit über Stil und Inhalt politischer Arbeit sehen wir durch die Morddrohung das Maß an Erträglichem weit überschritten“, heißt es darin. Wie berichtet, hatten Unbekannte Stähle in einem Brief massiv gedroht. Aufgrund der Terminologie geht die Staatsanwaltschaft von einem rechtsradikalen Hintergrund aus.

 

Zwei Polizisten erleiden ein Knalltrauma


Bevor die Neonazis in Göppingen ihre Kundgebung abhielten, waren sie in Geislingen und Eislingen aufmarschiert, wo sie ebenfalls von jeweils 200 bis 250 Gegendemonstranten mit Pfiffen und Buhrufen empfangen wurden. In Geislingen erlitten zwei Polizisten ein Knalltrauma. Sie waren aus den Reihen der Gegendemonstranten mit Glasflaschen, Eiern und einem Böller beworfen worden. In Uhingen erwarteten 150 Menschen die Neonazis. Durch die Zugverspätung wurde die Kundgebung dort allerdings abgeblasen.

In Plochingen und Esslingen hingegen, wo die Neonazis auch aufmarschieren wollten, war ihnen dies von den Stadtverwaltungen untersagt worden. Trotzdem demonstrierten in der Esslinger Innenstadt verschiedene Gruppierungen friedlich gegen Rassismus und rechte Gewalt