Der Berliner Ortsteil Schöneweide bleibt weiter Aktionsraum für Nazis: Im Rahmen der Teilnahme Berliner und Brandenburger Neonazis beim alljährlichen Aufmarsch in Dresden trafen sich diese zur gemeinsamen Anreise mit Bussen in Schöneweide. Eine Räumungsklage gegen den Nazi-Waffenladen „Hexogen“ in der Brückenstraße zieht sich derweil vor Gericht. Die Vermieter des „Henkers“ probieren das nicht einmal.
Das der Berliner Ortsteil Schöneweide (Treptow-Köpenick) bei Neonazis als Rückzugsraum und Aktionsschwerpunkt gilt, ist nicht neu. Zuletzt wies die Antifa-Broschüre „Die Braune Straße“ auf ein zunehmendes Geflecht von Rockernkontakten, Anmietungen, Veranstaltungen und Aktionen durch Berliner Neonazis in Schöneweide hin. Langjährig bekannt ist vor allem die Nazikneipe „Zum Henker“. Im letzten Jahr kam zudem der Waffenladen „Hexogen“ des Berliner NPD-Vorsitzenden und NW-Berlin Aktivisten Sebastian Schmidtke hinzu.
Obwohl in zunehmendem Maße antifaschistische Initiativen und Einzelpersonen zusammen mit der örtlichen Zivilgesellschaft versuchen, dem rechten Treiben Einhalt zu gebieten, sind Berliner Nazis immer noch regelmäßig aktiv im Kiez. Zuletzt wurde dies deutlich am 13. Februar.
Bustreffpunkt nach Dresden
An dem Montag sammelten sich ab 13 Uhr diverse Grüppchen von Berliner, Brandenburger und sogar schwedischer Nazis in Schöneweide. Aus diversen Ecken Berlins, wie Rudow, Lichtenberg, Pankow und anderen kamen z.B. Sebastian Thom (Berliner NPD-Vorstand), Robert Hardege (Brandstifter), Patrick Weiß (Anti-Antifa Fotograf), Sandor Makai, Diego Pfeiffer (beide NPD Pankow), Steve Hennig (ehemals FN-Mitte), Matthias Hirsch und Florian Stein. Lutz Giesen betreute die schwedischen „Kameraden“.
Alle rund 120 Nazis sammelten sich vor dem Center Schöneweide, unter Beobachtung der Berliner PMS und einigen Bundespolizisten und bestiegen dann gemeinsam zwei Busse. Koordiniert wurde ganze von Sebastian Schmidtke, Maria Fank, David Gudra und Thomas Eichberg.
Zuvor fuhr eine kleine Gruppe um Marco Oemus (Nazischläger und Saufnazi aus Schöneweide) mit einen Minibus und PKW nach Dresden.
Es ist kein Zufall dass sich die Neonazis in Schöneweide gesammelt haben. Hier wohnen maßgebliche Akteure wie Sebastian Schmidtke (unter seinem falschen Namen „Mütlow“ in der Brückenstraße 3) und hier haben sie ihre Infrastruktur und Rückzugsräume.
Um zukünftig Neonazis das Anreisen zu ihren Events zu erschweren, sollte sich auf unterschiedliche Art an die Busunternehmen gewandt werden, um sie möglicherweise von einer weiteren Unterstützung der Nazis abzubringen:
Busunternehmen:
Bus: LDS-FH 200 - Hagemeier Reisen (Inh. Frank Hagemeier, Sitz: Am Heideberg 38, 15738 Zeuthen & Adlergestell 708-730, 12527 Berlin, Tel: 033762 81 323 & 030 76 76 73 68, info@hagemeierreisen.de, http://www.hagemeierreisen.de/)
Bus: B-MZ 182 - So-Wi-So Reisen ( Geschäftsführer: Martina und Maria Zimmermann, Sitz: Fichtelbergstr.5, 12685 Berlin, Tel.: 030-92126292, so-wi-so-reisen@web.de, http://www.sowisoreisen.de/)
Räumungsklage „Hexogen“
Medienberichten zufolge muss der Laden von Sebastian Schmidtke in der Brückenstraße 9, „Hexogen“ derweil nicht mit einer zeitnahen Räumung rechnen, obwohl der Vermieter umgehend nach Bekanntwerden seines neonazistischen Mieters im Sommer letzten Jahres reagierte: „Weil sich der Vermieter von Sebastian Schmidtke zum Zweck des Ladens arglistig getäuscht fühlte, kündigte er unmittelbar nach der Eröffnung des Ladens den Mietvertrag und klagt seitdem auf Räumung.“
Das zustände Landgericht sitzt jedoch auf den Akten, wodurch sich der Prozess „allein in der ersten Instanz noch bis zu einem Jahr hinziehen“ wird. Es dauerte allein mehrere Monate, bis sich der Vermieter und die Justiz über den Streitwert und über die vom Vermieter zu erbringende Sicherheit für die Räumungsklage geeinigt hatten. Die ursprünglich beim Amtsgericht Köpenick eingereichte Klage wurde im Herbst dem Berliner Landgericht übergeben. Seitdem tauschen Schmidtke und sein Vermieter Schriftsätze aus.
Insofern können Antifas bezüglich Schmidtkes Laden, gegen den bereits zur Eröffnung im Sommer über 1000 Menschen protestierten, noch nicht die Hände in den Schoß legen. Zudem sollte grundsätzlich nicht darauf gewartet oder vertraut werden, dass sich der Staat und die Justiz um das Problem kümmern. Wohin das führen kann, zeigte die im November bekanntgewordene Mordserie der Nazigruppe „NSU“.
Kneipe Henker wird drei Jahre
Ganz anders als der Vermieter des „Hexogen“ verhalten sich noch immer die verantwortlichen Vermieter der Nazikneipe „Zum Henker“ (Brückenstraße 14). Die „F&M Finanzierungs- und Mietgesellschaft mbH“ aus Möhrendorf, ein Tochterunternehmen der ZBI Zentral Boden Immobilen AG (Sitz in der Henkestraße 10, 91054 Erlangen) bleibt weiterhin untätig gegenüber den überregional bekannten Nazi-Treffpunkt. Und dass, obwohl bereits seit Jahren Übergriffe, Straftaten und Naziveranstaltungen in und um den „Henker“ stattfinden. Und auch trotz dem Antifaschist_innen im Dezember bei der Berliner Niederlassung in der Friedrichstraße 235 ein goldenes Stück Scheiße samt Urkunde für die Förderung von Nazis übergeben hatten und seitdem eine Postkartenaktion - die die Schließung des „Henkers“ fordert - läuft, folgt von Seiten der F&M keine Reaktion.
So kommt es nun am 28. Februar 2012 dazu, dass die Nazikneipe ihr dreijähriges Bestehen feiern kann. Das wollen Berliner Antifas nicht hinnehmen:
Antifa-Demo am 2. März 2012 in Schöneweide
Anlässlich des dreijährigen Geburtstages des „Henkers“ planen Antifaschist_innen aus Berlin seit einigen Wochen eine Demonstration in Schöneweide unter dem Motto "Was zuviel ist, ist zuviel". Thematisiert werden soll jedoch nicht nur die Kneipe, sondern auch das weitere Geflecht an rechten oder von rechten betriebenen Läden und Einrichtungen. So heißt es im Aufruf: „Wir wollen das mit dem Wegschauen und Einfach-Geschehen-Lassen Schluss ist! Die Berliner Naziszene von Freien Kameradschaften, rechten Rockern und NPD haben sich ein Netzwerk in Schöneweide eingerichtet. Es gilt dieses offen zu legen und sich diesem durch antifaschistische und antirassistische Positionierung und Präsenz auf allen Ebenen entgegen zu stellen.“