Der Besitzer der Wohnung, ein Ex-Diplomat, hatte sich öffentlich Feinde gemacht. In den letzten Jahren hatte er immer wieder zur deutschen Vergangenheitspolitik Stellung genommen.
Eine Wohnung im gediegenen Schmargendorf ist in dieser Woche zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen Ziel eines mysteriösen Einbruchs geworden: Am Mittwochmorgen um 6.40 Uhr riss der Lärm heftiger Schläge aus der Richtung seines Arbeitszimmers Manfred Steinkühler aus dem Bett. Augenblicke später sah der frühere Diplomat durch die Trümmer des Fensters gerade noch eine dunkle Gestalt fliehen.
Erst kurz zuvor hatte der Hausherr dieses Fenster erneuern müssen, zwischen den Jahren waren schon einmal Einbrecher in die Wohnung eingedrungen. Das Rätsel dabei: „Es fehlt kein Stück der Einrichtung, es ist nichts mitgenommen worden“, sagt Steinkühler.
Dabei müssen die Täter sich mindestens beim ersten Mal Zeit gelassen haben: Eine Nachbarin erinnerte sich, dass sie durchs offene Fenster der Parterrewohnung zwei Männer gesehen hatte, die sich zu schaffen machten.
Da die Einbrecher so offensichtlich desinteressiert an Beute waren, vermutet Steinkühler, es könnte ihnen um seine Aufzeichnungen gegangen sein. An seinem Computer habe er später Manipulationen festgestellt. Steinkühler war Ende der 80er Jahre deutscher Generalkonsul in Mailand. Nachdem er erfahren hatte, dass auf einem deutschen Soldatenfriedhof nahe Verona auch NS-Verbrecher lagen – darunter Verantwortliche der sogenannten „Euthanasie“-Morde an Behinderten – hatte er sich geweigert, dort weiterhin an den jährlichen Totengedenkfeiern teilzunehmen. Das hatte zu einer Kontroverse mit seinen Vorgesetzten im Auswärtigen Amt geführt; 1991 ging Steinkühler vorzeitig in den Ruhestand. Er war wegen seiner Haltung auch aus rechten Kreisen heftig angegangen worden.
In den letzten Jahren hat der frühere Diplomat immer wieder zur deutschen Vergangenheitspolitik Stellung genommen. Als im Herbst 2010 das Buch „Das Amt und die Vergangenheit“ erschien, das die NS-Belastung des Außenamts über 1945 hinaus aufarbeitet, sprach Steinkühler mit dem Tagesspiegel über seine Erfahrungen im auswärtigen Dienst. Zur Zeit arbeitet er an seinen Erinnerungen. In diesem Zusammenhang sieht Steinkühler nun auch die beutelosen Einbrüche in seine Wohnung. Auch einen Einschüchterungsversuch hält er für denkbar. Die Polizei wollte den Fall wegen der noch laufenden Ermittlungen nicht kommentieren.