Bundesverdienstkreuz für die Castor-Gegner!

Erstveröffentlicht: 
25.11.2011

Bundesverdienstkreuz für die Castor-Gegner!
Ein Kommentar von Thorsten Denkler
Der Atomausstieg ist beschlossene Sache, so wollen es Opposition und Regierung. Warum also noch gegen Castor-Transporte demonstrieren? Ganz einfach: Weil es notwendig ist. Wer die Demos für anachronistisch hält, der unterschätzt die Wendigkeit der Politik.

 

Vielleicht ist es an dieser Stelle einmal angebracht, danke zu sagen. Der Dank gebührt den Zigtausenden Demonstranten, die bald in der dritten Generation gegen Atomkraft auf die Straßen und Felder gehen. Sie lassen sich mit Tränengas besprühen oder von Wasserwerfern ummähen, werden von Polizeiknüppeln grün und blau geschlagen und harren auch bei Sturm, Frost und Regen aus - um letztlich doch zusehen zu müssen, wie die Castoren im Zwischenlager Gorleben ankommen.


Es lässt sich viel gegen diese Demonstrationen sagen. Dass sie anachronistisch seien, weil der Atomausstieg ja jetzt in einem großen Konsens beschlossen sei. Schließlich muss der Atommüll ja nun irgendwo hin und im Moment gibt es zumindest noch keinen besseren Ort.

Alles richtig. Aber geht es darum? Nein. Was die Atomgegner jetzt wieder ins Wendland ziehen lässt, ist ihr tiefes Misstrauen gegenüber der politischen Klasse. Schon einmal war ein Atomausstieg beschlossene Sache. Rot-Grün hatte ihn durchgesetzt. Damals hieß der Umweltminister Jürgen Trittin. Er forderte die Castor-Demonstranten auf, endlich Ruhe zu geben. Schließlich sei der Ausstieg unumkehrbar. Doch das war er nicht. Trittin hätte auch damals besser mitdemonstriert. Auch ihm hätte klar sein müssen, dass trotz des Ausstiegsbeschlusses der gesellschaftliche Druck nicht nachlassen darf.

 

Das mussten alle zur Kenntnis nehmen, als vor gut einem Jahr die schwarz-gelbe Bundesregierung die Laufzeiten der Atomkraftwerke kurzerhand verlängerte. Dass dann der Super-GAU von Fukushima-1 Kanzlerin Angela Merkel zur Umkehr bewegt hat, war nicht etwa ihrer angeblich neuen Erkenntnis geschuldet, dass Atomkraft gefährlich sein kann. Merkel ist Physikerin. Mit dem Argument beleidigt sie ihre eigene Intelligenz. Nicht locker lassen Nein, der Ausstieg II war nur möglich, weil die gesellschaftliche Mehrheit klar gegen Atomkraft ist. Daran hat die Beharrlichkeit der Anti-Atom-Bewegung einen gehörigen Anteil. Dass eine schwarz-gelbe Bundesregierung sich genötigt sieht, die Kernkraft aufzugeben, ist ein Erfolg der Bewegung. Es ist übrigens ein Erfolg, von dem auch all die Sessel- und Sofa-Demonstranten profitieren, die zwar gegen Atomkraft sind, aber sich die Proteste lieber im Fernsehen anschauen.

 

Glaube bitte keiner, die Atomlobby würde jetzt stillhalten. Noch ist der Ausstieg nicht vollzogen. Laut Gesetz laufen die Meiler noch bis zum Jahr 2022. Dies lässt genug Zeit, auch diesen Ausstieg wieder rückgängig zu machen oder zumindest auszuhöhlen. So richtig engagiert scheint Merkels Regierung derzeit nicht zu sein, den Ausbau der erneuerbaren Energien und den der Netze voranzubringen. Anzeige Ohne diesen Ausbau wird die Energieversorgung in Deutschland irgendwann zu einer wackeligen Angelegenheit. Und plötzlich könnte die Atomkraft wieder en vogue sein. Ein Schelm, wer dahinter einen perfiden Plan der Atomlobby vermutet. Darum sind die Demonstrationen richtig und wichtig. Nicht die Politik, sondern der Protest hat das Land verändert. Hätte Japan so eine Bewegung gehabt, es wäre vielleicht nie zum GAU von Fukushima gekommen. Es wäre schön, wenn die Grünen das nicht wieder wie einst Jürgen Trittin und jetzt Winfried Kretschmann vergessen, wenn sie demnächst im Bund wieder mitregieren sollten. Die Atomgegner haben sich in einem ganz klassischen Sinne um das Wohl des Landes verdient gemacht. Dafür gebührt jedem Teilnehmer der Bewegung das Bundesverdienstkreuz. Mindestens.