Endlich! Richterin zieht Langendreer-Nazis die Ohren lang!

Nazi-Prozess Bochum-Langendreer

Heute vormittag (2.12.) füllte sich der Raum C 40 im Landgericht Bochum fast bis auf den letzten Platz. Anlass hierfür war eine Verhandlung gegen drei Angeklagte aus Langendreer wegen „Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen“. Es handelte sich, wie schon die Pressemitteilung¹ vermuten lies, um den mittlerweile stadtweit bekannten 23-jährigen Neonazi Daniel Evers (*6.3.1988) samt einem ganzen Nazitross, von dem allerdings nicht jedeR auf der Anklagebank Platz nahm. Mit von der Partie waren nur Daniels jüngerer Bruder Timo Evers (*28.11.1994) und ein gewisser Martin Penic (*5.2.1982). Niemand von ihnen wollte sich zu einem Vorfall am Abend des 1.5.2011 äußern, der sich nach Aussagen der ZeugInnen wie folgt abspielte:

 

Die ZeugInnen, ein junges Paar aus Langendreer begegnete abends dem angetrunkenen Daniel Evers, der ihnen unvermittelt „Judenkinder“ und „Niggerfotze“ hinterher rief. Im Laufe des Abends begegnete das Paar ein weiteres Mal Daniel Evers, diesmal zusammen mit seinem Bruder und Martin Penic. Daniel Evers war mit einem selbst gemachten Schläger bewaffnet; alle zusammen bedrohten sie mit Worten wie „Wir kriegen euch“ und „Gleich kriegt ihr auf die Fresse“. Das Paar wich der Konfrontation aus, wurde aber unter Nazigesängen, „Heil Hitler“- und „Sieg Heil“-Rufen weiter verfolgt, bis die kurz zuvor gerufene Polizeistreife eintraf.

 

Die beiden ZeugInnen konnten sich noch recht lebhaft an die Situation erinnern. Mit Ausnahme der Drohung, die sie nicht mehr eindeutig zuordnen konnten, sah das Jugendschöffengericht den Vorwurf der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§86a StGB) gegen alle drei Angeklagten, und der von Daniel Evers benutzten Beleidigung, als erwiesen an. Verurteilt wurde Timo Evers zur Teilnahme an einem „Sozialtraining“ (ersatzweise vier Wochen Jugendarrest). Daniel Evers und Martin Penic, die eine lange Liste an eingestellten Verfahren, standen schon zuvor zusammen wegen Körperverletzung und Beleidigung („Scheiß Fidschi“) vor Gericht. Hinzu kommt, dass Penic zum Tattag noch unter Bewährung stand und schon zuvor einen JVA-Aufenthalt genoss. Ob Penic eine etwaige (Rest-)Strafe verbüßen muss, wird sich zeigen. Zunächst wurden die beiden Älteren zu jeweils 3 bzw. 4 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt; Penic muss zusätzlich 2000 Euro bezahlen und beide müssen sich drei Jahre lang straffrei halten. Schwierig wird das vor allem für Evers: ihn erwarten wenigstens noch zwei Verfahren wegen Sachbeschädigung. In dem bekannt gewordenen Fall des Angriffs auf mehrere Jugendliche am S-Bahnhof Langendreer ist Evers ebenfalls beschuldigt. Alles zusammen müsste sich zu einer deftigen Gesamtstrafe summieren, die ihm den Haftantritt wahrscheinlich nicht erspart.

 

Interessant war auch das Gutachten der Jugendgerichtshilfe, die dem Gericht empfahl, Timo mit einem Sozialtraining zu „ermutigen“. Die Familie ist nach Beschreibung der Gutachterin ein einziges, lebendes Klischee: Timo mag seine Familie, sie mögen ihren Buben, der gute Noten nachhause bringt. Vor Gericht gaben heute gleich zwei von vier Eversbrüdern ihren Eltern die Ehre; Von Peinlichkeit gegenüber der versammelten Öffentlichkeit fehlte den anwesenden Eltern jeder Anschein. Man darf also gespannt sein, zu was ein solch fähiges Elternpaar ihre Kinder noch zu motivieren vermögen. Die Gerichtshilfe versprach eine gute Prognose: „der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch!“ (B. Brecht)

 

 

 

(1)  Pressemitteilung des LG Bochum: “T. E., Bochum, 16 J., D. E., Bochum, 23 J.,  P., Bochum, 29 J.” statt. Vermutlich handelt es sich dabei um die besonders gewaltbereite Kerngruppe der Nazis in Langendreer. Nach Mitteilung des Gerichtes sind sie aus folgendem Grund angeklagt: »Am 01.05.2011 begegneten die Angeklagten den ihnen bis dahin unbekannten Zeugen auf der Ottilienstraße in Bochum. Ohne ersichtlichen Anlass bezeichnete der Angeklagte D. E. die eine Zeugin als „Niggerfotze und Hure“, drohte den Zeugen, sie kaputt zu schlagen und beleidigte beide als „Scheiß Ausländer, Judenkinder“. Kurze Zeit später begegneten die Zeugen den Angeklagten erneut. Der Angeklagte D. E. schlug ein ca. 40 cm langes Kabelstück, welches an den Enden mit Isolierband verklebt war, wiederholt in seine offene Hand, um seine kurz zuvor ausgesprochene Bedrohung zu untermauern. Die Zeugen entfernten sich schnellen Schrittes, worauf die Angeklagten ihnen folgten und mehrfach die Parolen „Sieg Heil, Heil Hitler“ skandierten."

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

album von evers' demo-tournee: http://imgur.com/a/u0QM5#0

Martin Penic dürfte der Nazifreund von Jenny Evers sein. Beiden wohnen zusammen mit Hund "Odin" An der Laake 13 in Bochum-Langendreer. Daniel Ewers jüngerer Bruder Timo wohnt noch bei seinen Eltern, in der Kaltehardtstraße 38, direkt neben der im Oktober explodierten Pizzeria. Die arabischen Familie, die den einstöckigen Stehimbiss an der Kaltehardtstraße 40 betrieb, hatte schon öfters Ärger mit der den Ewers gehabt. Zweimal waren Gullydeckel in den Laden geworfen worden, die Täter/innen nie gefasst.

Ende Oktober demonstrierten 1200 Menschen gegen den Naziterror. Mit dem eher alternativen Stadtteil Langendreer hat es sich die Ewers-Sippe zwar verscherzt, Pöbeleien und Übergriffe reißen allerdings nicht ab. Daran ändert auch die ständige Präsenz von Zivilstreifen nichts, die statt dessen Alternative schikanieren. Wie dem Naziproblem habhaft werden bleibt also eine offene Frage. Ob Knast für Daniel Ewers das Problem lösen wird bleibt zu bezweifeln.

Eine Chronik der Naziaktivitäten 2011 wurde letzte Woche vom Bündnis "Langendreer gegen Nazis" veröffentlicht.

Es ist ein Ärgernis, dass die Familie, die die Pizzeria betrieb, immer noch als "arabisch" eingeordnet wird. Das stimmt so nicht und wurde von der WAZ falsch verbreitet (wen wunderts). Es handelt sich um Deutsche polnisch-iranischer Herkunft!

 

Und zur Perspektive der polizeilichen Repression: selbstverständlich ist es zu kurz gegriffen und heuchlerisch zu glauben, Intensivpolizeistreifen oder ein Knastaufenthalt für Evers oder Penic würde etwas an ihrer Einstellung ändern. Sie werden nur temporär kalt gestellt - ganz zu schweigen von einer "postiven Prognose" für Timo... das zeigt nur wie schablonenhaft die Arbeit der Jugendgerichtshilfe ist. Gleichwohl ist es ein absolutes Muss, Menschen, die zu Opfern von Nazigewalt wurden, zu ermutigen, die Bullen zu rufen. Man muss es mal von der anderen Seite sehen: viele Menschen trauen sich auch einfach nicht, die Bullen zu rufen, selbst wenn sie Opfer von Naziüberfällen werden. Solang es keine praktischen Strukturen für einen Selbstschutz in Langendreer gibt (z.B. ein antirassistisches Telefon oder Anlaufstellen) ist es also ein notwendiges Übel auf Polizeigewalt zurück zu greifen.