Neonazi-Terrorgruppe: Polizei nimmt vierten Verdächtigen fest

Erstveröffentlicht: 
13.11.2011

Die Polizei hat ein weiteres mutmaßliches Mitglied der rechtsextremen Terrorzelle festgenommen. Holger G. soll Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe unterstützt haben. Auch eine Beteiligung an den Morden des Trios schließt die Bundesanwaltschaft nicht aus.

 

Hamburg - Er soll wie Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe Mitglied der terroristischen Vereinigung "Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)" gewesen sein - und den militanten Rechtsextremisten bei ihren kaltblütigen Verbrechen geholfen haben: Die Polizei hat den 37-jährigen Holger G. in Lauenau nahe Hannover festgenommen. Nach dem derzeitigen Ermittlungsstand gilt er als derjenige, der die besten Kontakte zu Böhnhardt und Mundlos hatte. G. soll mit mindestens einem der rechtsextremen Straftäter aufgewachsen sein.

 

Holger G. sei dringend verdächtig, sich als Mitglied an der NSU beteiligt zu haben, teilte der Sprecher der Bundesanwaltschaft, Marcus Köhler, mit. "Er soll Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe 2007 seinen Führerschein und vor etwa vier Monaten seinen Reisepass zur Verfügung gestellt haben", so Köhler weiter. Zudem soll er mehrfach Wohnmobile für die drei im Verborgenen agierenden Rechtsextremisten angemietet haben. Eines der Fahrzeuge soll bei dem Mordanschlag auf die Heilbronner Polizisten genutzt worden sein.

Laut Köhler sei es zudem möglich, dass Holger G. an den Morden unmittelbar beteiligt war. Die Bundesanwaltschaft werde G. morgen dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorführen und Haftbefehl gegen ihn beantragen.

Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe waren 1998 untergetaucht, nachdem in Zschäpes Garage Sprengstoff und Propagandamaterial gefunden wurden. Seither fehlte den Ermittlern nach eigenen Angaben jede Spur von ihnen, bis die Leichen der Männer in einem Wohnmobil entdeckt wurden und Zschäpe sich wenig später der Polizei stellte. Mundlos und Böhnhardt hatten sich erschossen.

Zschäpe hatte zuvor ihr Wohnhaus in Zwickau in die Luft gejagt. In den Trümmern fanden Ermittler DVDs, bespielt mit einem Film, in dem sich Böhnhardt und Mundlos für neun Morde an türkischen Einwanderern und einem Griechen rühmen - den sogenannten Döner-Morden. Ermittler hatten in den Trümmern auch die Ceska Typ 83, Kaliber 7,65 Millimeter gefunden, sie gilt als Tatwaffe aller neun Morde.

 

In dem Film, in dem sich die Rechtsextremen als "Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)" bezeichnen, bekennen sie sich auch zu dem Anschlag am 9. Juni 2004 in der Kölner Keupstraße, in der überwiegend Türken wohnen. Die Täter hatten eine selbstgebaute Nagelbombe auf einem Fahrrad deponiert und per Fernsteuerung gezündet. 22 Menschen wurden verletzt.

Der nun festgenommene Holger G. lebte mit seiner Familie in der Nähe von Hannover, stammt aber aus Jena. Wie Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt war er in den neunziger Jahren Anhänger der kleinsten rechtsextremen Gruppe in Ostthüringen, der "Kameradschaft Jena". Insgesamt zählte sie nur sechs Mitglieder, André Kapke und Ralf Wohlleben gehörten noch dazu.

Kenner der rechten Szene können sich vorstellen, dass Kapke und Wohlleben mit den Flüchtigen anfangs Kontakt hielten. Doch wenn diese all die Jahre einen Kontaktmann in die Illegalität hatten, trauen die meisten diesen Part nur einem zu: Holger G.

sto/bim