Vortrag über Rechtsextremismus in Burschenschaften polarisiert

Erstveröffentlicht: 
21.09.2011

Die Atmosphäre im Saal war aufgeheizt, als Dietrich Heither am Montag in Saarbrücken seinen Vortrag über Burschenschaften beendete. Der Historiker hatte den zahlreichen Korporierten im Publikum auch wenig Schmeichelhaftes zu sagen.


Von SZ-Redakteur Johannes Kloth

 

Saarbrücken. Dietrich Heither wusste genau, warum er seinen Vortrag mit dem Satz einleitete: „Ich beziehe mich ausschließlich auf den Verband Deutsche Burschenschaften.“ Denn kaum war der Historiker mit seinem Referat fertig, erhoben im Publikum die ersten Bundesbrüder die Stimme: Man lasse sich nicht in eine rechtsextreme Ecke stellen, Heithers Ausführungen seien einseitig und undifferenziert gewesen. Kritik, die der Referent mit Verweis auf seine einführenden Worte mühelos an sich abperlen ließ. Eingeladen hatte den Verbindungs-Experten die Stiftung Demokratie Saarland. In deren Saarbrücker Räumlichkeiten versuchte sich Heither am Montagabend an einer Antwort auf die sensible Frage „Deutsche Burschenschaften: eine Gefahr für die Demokratie?“.

 

Der Saal war voll, das Publikum etwa zu gleichen Teilen aus Burschenschaftlern – darunter gescheitelte „Aktivitas“ mit Schärpe und „Alte Herren“ in Cord-Anzügen – wie interessierten Laien zusammengesetzt.

 

Heither räumte zunächst mit dem in linken Kreisen gern gepflegten Vorurteil auf, alle Burschenschaften seien rechtsextremistisch. Angesichts eines weit verzweigten Verbindungswesens mit über tausend Korporationen, etlichen Dachverbänden und unterschiedlichen politisch-weltanschaulichen Ausrichtungen, sei dies sachlich falsch. Wenngleich allen Verbindungen ein unreflektiertes Geschichtsverständnis gemein sei.  Eine kritische Aufarbeitung ihrer antidemokratischen Historie verweigerten sie alle.

 

Keinerlei Relativierung ließ Heither in Bezug auf den Verband Deutsche Burschenschaften (DB) gelten. Diesem gehören 120 Burschenschaften an, unter anderem die Saarbrücker Ghibellinia. Kontakte saarländischer Spitzenpolitiker zu den Ghibellinen hatten Anfang dieses Jahres für Schlagzeilen gesorgt. Schonungslos sezierte Heither die völkisch-nationalistische Ideologie der DB, erläuterte Ursprung und Hintergrund des in ein „ethnopluralistisches Konzept“ gefassten Rassismus'. Spätestens seit 1996, dem Gründungsjahr der Abspaltung Neue Deutschen Burschenschaft (NDB) als Reaktion auf den Rechtsruck der DB, sei der Rassismus offenbar geworden. Der rechtsextreme Flügel hätte fortan den „volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriff“ im Verband propagiert und innerhalb der DB zunehmend an Einfluss gewonnen. Mitglied kann – entsprechend der Ideologie – nur werden, wer „deutsches Blut“ hat, deutsche Staatsbürgerschaft reicht nicht aus. Unverhohlener Gipfel der Entwicklung: Ein im Juni intern diskutierter und erst nach Mediendruck zurückgezogener Antrag auf einen „Ariernachweis“ für Neu-Mitglieder.

 

Sind die Bünde also eine ernsthafte Gefahr? So weit wollte Heither dann doch nicht gehen. Die DB habe den Anschluss an die Gesellschaft längst verloren. Sie sei ein Auffangbecken für die Verlierer der Moderne geworden.