Witten. Der Prozess um die Verhöhnung von Zwangsarbeitern ist zu einem Ende gekommen. Die Berufung, die der Angeklagte gegen das Urteil des Wittener Amtsgerichts eingelegt hatte, wurde vom Bochumer Landgericht abgewiesen.
Zuvor hatte das Gericht einen Befangenheitsantrag abgelehnt, den die Verteidigung gegen einen Schöffen gestellt hatte. Mit dem gestrigen Urteil muss der 28-Jährige für sechs Monate hinter Gitter – wahrscheinlich. Denn möglicherweise fechtet Anwalt André Picker das Urteil nochmals an. Das ließ er offen.
Picker hatte in seinem 45-minütigen Plädoyer auf einen Freispruch gepocht. Dass sein Mandant gelacht hatte, als die Namen toter Zwangsarbeitern bei der Gedenkveranstaltung im Kommunalwahlkampf 2009 verlesen wurden, sei „unschön und unpassend“, aber nicht strafbar. Es gehöre zur Meinungsfreiheit.
Der Angeklagte sei gezwungen gewesen, die Gedenkveranstaltung zu stören, so Picker weiter. Diese sei „eine Verhinderung der NPD-Wahlkampfaktion“ gewesen. Außerdem stellte der Verteidiger in Frage, ob das Lachen des 28-Jährigen überhaupt auf die verlesenen Namen der Zwangsarbeiter bezogen war. Deshalb seien auch keine Nazi-Gräuel gebilligt worden, was Voraussetzung für eine Verurteilung des 28-Jährigen war. „Zwangsarbeit gab es nicht nur im Dritten Reich, sondern auch in der ehemaligen Sowjetunion.“
Die Staatsanwältin sah den Angeklagten, der bereits einmal an einem Anschlag auf eine linke Kneipe beteiligt war, „zu Recht verurteilt“. Sein Lachen sei auf einzelne Zwangsarbeiter bezogen gewesen, da auch bei Personen bestimmten Alters gelacht worden sei. „Das Schicksal der Menschen war ihm egal.“ Ähnlich sah es das Gericht.
Bei der Urteilsbegründung berief sich Richter Gerhard Riechert auf Paragraf 130 Absatz vier Strafgesetzbuch. Danach ist eine Haftstrafe wegen Volksverhetzung möglich, wenn die Nazi-Herrschaft gebilligt und die Würde der Opfer verletzt wird. Diese Voraussetzungen sah Richter Riechert als gegeben an, „wenn man auch im Einzelfall über die Auslegung des Gesetzes streiten kann“. Unstreitig sei die Motivation des Angeklagten gewesen. „Ihre Vorstrafen zeigen, welche Gesinnung sie haben.“
Witten, 16.05.2011, Dennis Sohner