Schikane durch Investmentfirma? Viel Ärger an der Friedrichstraße

Verzwickter Fall: Im Haus Friedrichstraße 58 gibt es Ärger zwischen drei Miteigentümern und einer Investmentgesellschaft
Erstveröffentlicht: 
06.03.2011

Miteigentümer fühlen sich schikaniert — und kritisieren die Stadt

 

Stadt fehlt es an Wohnraum für Flüchtlinge

Von unserem Redakteur Joachim Röderer

Im Haus Friedrichstraße 58 — ehemals Fahrrad Böttcher — gärt es: Drei Eigentümer von Wohnungen im Haus fühlen sich von einer Investmentfirma drangsaliert, die im Besitz der übrigen 15 Appartements ist. Sie sollen zum Verkauf ihrer Wohnungen zu einem schlechten Preis gedrängt werden, sagen sie. Nun ist die Stadt zwischen die Fronten geraten: Sie hat das Angebot der Investmentfirma angenommen und Flüchtlinge im Haus untergebracht. Es gebe sonst keinen anderen Wohnraum. Aber: An diesem Vorgehen gibt es selbst innerhalb der Verwaltung Kritik.

 

Das Ehepaar S. spricht von "unerträglichen Zuständen" , die sich seit Monaten verschlimmern würden. Herr S. und seine Frau (ihren Namen wollen sie nicht in der Zeitung lesen) sind mit den Nerven am Ende. Von einer später Pleite gegangenen Baugesellschaft aus Konstanz haben sie die Wohnung vor zehn Jahren gekauft und für viel Geld renoviert. Das Gebäude selbst wirkt wie ein Abrissobjekt. Die Zukunft ist offen — was auch daran liegt, dass es mehrere Eigentümer gibt. Die Eheleute S. und zwei andere Wohnungsbesitzer glauben, dass sie mit allen Methoden zum Aufgeben gebracht werden sollen. Einen Verkauf an die Mehrheits-Eigentümerin, die "Invest 11" aus Brigachtal, lehnen die Mitbesitzer kategorisch ab.

Sie behaupten, "Invest 11" wolle so billig wie möglich Kontrolle über das gesamte Anwesen bekommen, um damit spekulieren zu können. Den Mitbesitzern sei ein Preis geboten worden, der nur ein Bruchteil dessen betrage, was sie selbst für die Wohnung bezahlt haben. In der Immobilie stecke all ihr Erspartes, sie sei ihre Altersversorgung. Sechs ehemalige Mitbesitzer hätten bereits verkauft.

Die verbliebenen drei Miteigentümer werfen "Invest 11" vor, als Mehrheitseigentümer unsinnige Sanierungsmaßnahmen anzuordnen, die wiederum Kosten für alle verursachen. Und in einer E-Mail des Projektbetreuers der Investmentfirma heißt es, einige Miteigentümer würden sich noch wundern, "welche Möglichkeiten wir nutzen können" . Und: "Unsere Vermieterei wird Ihnen ebenfalls nicht passen." "Invest 11" ließ zunächst Studenten-WGs ins Haus einziehen. Dann kam die Stadtverwaltung ins Spiel: Das Investmentunternehmen bot drei Wohnungen als Flüchtlingsunterkunft an, das Amt für Wohnraumversorgung griff zu. Damit hat der Streit eine neue Eskalationsstufe erreicht.


Stadt fehlt es an Wohnraum für Flüchtlinge

Die Miteigentümer glauben, das Haus solle nun zu einem sozialen Brennpunkt gemacht werden. Es habe bereits Auseinandersetzungen mit den neuen Mietern gegeben, sagt das Ehepaar S. Sie klagen, dass sich zumindest Teile der Stadtverwaltung "zum Büttel von Spekulanteninteressen machen" . Der städtische Baureferent Norbert Schröder-Klings hat längere Zeit versucht, an der Friedrichstraße zu vermitteln — ohne Erfolg. Er hat die Akte zugeklappt. Die Methoden der Investmentfirma bezeichnet Schröder-Klings als grenzwertig. Dass das Sozialdezernat nun drei Wohnungen mit Flüchtlingen belegt hat, "das finde ich persönlich unmöglich" , sagt Schröder-Klings in aller Deutlichkeit.

Sozialbürgermeister Ulrich von Kirchbach wiederum berichtet von einem Engpass für Flüchtlingsunterkünfte, nachdem kurzfristig die Wohnungen in der Idinger Straße in Betzenhausen nicht mehr zur Verfügung standen. Rathaussprecherin Edith Lamersdorf ergänzt, dass es sich nur um eine Belegung für eine Übergangszeit von zwei Jahren handle. Sie räumt allerdings auch die "unglückliche Gemengelage" ein. Es habe aber keine andere Möglichkeit gegeben. Zudem seien sehr gut integrierte Familien ausgesucht worden. Die Stadt hat auch die Sozialbetreuung intensiviert. Die Miteigentümer könnten sich bei Problemen jederzeit ans Amt wenden: "Doch das ist bislang nicht geschehen."

Der Projektbetreuer von "Invest 11" (auch er will seinen Namen nicht in der Zeitung lesen) weist die Vorwürfe der Miteigentümer als ausländerfeindlich zurück: "Das sind absolut korrekte Leute, die da eingezogen sind — durch sie hat sich das Niveau im Haus schlagartig verbessert" , sagt er. Keiner der vielen Mieter in dem Haus habe Probleme mit den neuen Hausbewohnern — ganz im Gegenteil. Von den Mietern habe es sogar Lob gegeben. Der "Invest 11" -Vertreter findet es unverantwortlich, dass nun auf den Flüchtlingen herumgehackt werde. "Die Familie S. hat sich vorher auch schon über die Studenten beschwert" , berichtet er. Früher seien drei Viertel des Hauses leer gestanden, so der Objektbetreuer. Da habe die Gefahr einer Besetzung bestanden. Nun seien die Verhältnisse geordnet: "Bei der herrschenden Wohnungsnot in Freiburg wäre es unverantwortlich, Wohnraum leer stehen zu lassen" , meint er. Er will sich nun mit einem Brief an die Stadt gegen die Vorwürfe wehren, die er als unfair empfindet.