Parteitag von "Die Freiheit" fällt ins Wasser

Rene Stadtkewitz am Mic

"Die Freiheit" musste, nachdem ihr zwei mal der Veranstaltungsort gekündigt wurde, eine improvisierte Presse-Konferenz auf der Kastanienallee abhalten. Unter Missmut bekundenden Rufen verlief selbst diese Pressekonferenz nicht störungsfrei. Alles in allem kann die furios angekündigte Auftaktveranstaltung der neuen Rechtspartei als Flop gewertet werden.

 

 

Geistige Brandstifter
Die neu gegründete rechtsaußen Partei „Die Freiheit“ hatte für den 11. Januar ihren ersten Parteitag angekündigt. Dieser sollte ursprünglich im "Hotel Crowne Plaza" in Charlottenburg stattfinden. Auf Initiative des Bündnisses „Rechtspopulismus stoppen!“ mobilisierten Antifaschist_innen zu einer Demonstration in unmittelbarer Nähe des Tagungsortes am Breitscheidplatz. Der Parteitag von „Die Freiheit“ wurde im Rahmen der Gegenmobilisierung in einen Kontext mit einem Brandanschlag gestellt, der erst letzte Woche am 8. Januar auf die Ahmadiyya-Moschee in Wilmersdorf verübt wurde.

Laut Polizeiangaben ereigneten sich im Laufe des vergangenen halben Jahres bis jetzt insgesamt 11 Anschläge auf muslimische Einrichtungen, damit sind es weitaus mehr islamfeindliche Angriffe als bisher vermutet . Wie auch schon zu Zeiten der Heinersdorfer Anti-Moschee-Proteste wies der Parteivorsitzende Rene Stadtkewitz die Rolle des geistigen Brandstifters zurück. Die thematische Verknüpfung des Brandanschlages mit dem Parteitag am Dienstag war zu Recht begründet. „René Stadtkewitz war bereits seit 2006 einer der Hauptakteur_innen einer rassistischen Kampagne gegen eine Moschee der Ahmadiyya-Gemeine in Pankow-Heinersdorf. Auch auf die Baustelle der Moschee gab es 2007 einen Brandanschlag. Die rassistische Heinersdorfer Bürgerinitiative wie auch Stadtkewitz distanzierten sich von der Tat. Das sie aber maßgeblich verantwortlich waren für das Klima, dass diesen Anschlag erst ermöglichte, lässt sich schwer abstreiten. Sie waren es, die über Monate Öl ins Feuer gossen und Stadtkewitz tut dies auch heute unter dem Label der neu gegründeten Partei „Die Freiheit“, heißt es im Aufruf für die Demo. René Stadtkewitzs CDU-Verband hatte damals die Die Bürgerinitiative, die sich gegen den Moscheebau formierte, selbst ins Leben gerufen. Teilweise gab es fast wortgleiche Pressemitteilungen beider Vereinigungen und auch René Stadtkewitz, zu dieser Zeit Vorsitzender des Pankower CDU-Ortsverbandes, lies es sich nicht nehmen, auf Veranstaltungen der Heinersdorfer Bürgerinitiative zu sprechen (Video). Die Worte aus dem Munde von Marc Doll und René Stadtkewitz sind verbale Brandsätze und schüren die Bereitschaft muslimische Gotteshäuser anzugreifen.

Die von der „Freiheit“ betonte Gewaltlosigkeit stellt sich als sehr fragwürdig heraus, betrachtet mensch die von ihnen gepflegten Kontakte. Der Berliner Ableger der „Bürgerbewegung Pax Europa“, deren Vorsitzender ebenfalls René Stadtkewitz ist, organsierte für den 17. April 2010 eine Solidaritätskundgebung für den Niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders, auf der unter anderem auch ein Vertreter der „Englisch Defence League“ (EDL) auftrat. Die EDL ist ein Netzwerk islamfeindlicher und rassistischer Hooligan-Gruppen aus England, die in der Vergangenheit mehrfach durch brutale Angriffe auf Menschen und Gotteshäuser auffielen. Die BPE ist für Stadkewitz und andere Teile der europäischen Anti-Islam-Bewegung ein wichtiger Bezugspunkt. Außerdem pflegen sie Kontakte zu Parteien wie der Yisrael Beiteinu, der FPÖ, den Schwedendemokraten und dem Vlaams Belang . Alle diese Organisationen haben eine Partei-Vita die gezeichnet ist von Mitgliedern, edlen Spendern usw., die eine tiefe Verwurzelung im Militarismus und Nationalismus haben.Lesenwerter Artikel zur Achse „Berlin/Stockholm“

Abgesagt und ausgeladen

„Der Vertrag ist in beiderseitigem Einvernehmen am 6. Januar aufgehoben worden. Zu den Hintergründen geschäftlicher Verträge sagen wir grundsätzlich nichts“, sagte Judith Gellrich, eine der Direktorinnen des Crowne Plaza-Hotels.Mehr gab es nicht zu hören. Am Morgen des 11. Januar wurde über Kontakte zur Presse, die zahlreich zum Parteitag eingeladen wurde, bekannt, dass die Partei sich für die GLS-Sprachenschule in der Kastanienallee 82 als Ausweichort entschieden hatte. „Wegen des großen Andrangs der Mitglieder könne man nicht wie geplant im Hotel Crowne Plaza tagen, sondern sei in die GLS Sprachenschule" ausgewichen, heißt es in einem Artikel des Berliner Zeitung. Barbara Jaeschke, die Inhaberin der Sprachschule, kündigte am Frühen Nachmittag den Mietvertrag mit der Partei. Sie fühlte sich von der Partei "arglistig getäuscht", die Ziele der Partei passen nicht "in das Profil meines weltoffenen und internationalen Bildungsinstituts" so Jaeschke gegenüber der Presse.

Nach Bekanntwerden der Kündigung meldete das Bündnis „Rechtspopulismus stoppen“ eine Kundgebung vor der Schule an, mobilisierte jedoch weiterhin zur Demo am Ku-Damm, um für Demoteilnehmer_innen einen ersten Anlaufpunkt zu schaffen. Als „Die Freiheit“ gegenüber Journalist_innen gegen 17 Uhr eine improvisierte Pressekonferenz auf der Kastanienallee ankündigte machten sich die Gegendemosntrant_innen auf den Weg nach Prenzlauer Berg.

„Nazis, Freiheit, CDU – Den Rassisten keine Ruh!“

Schon eine Stunde vor dem angesetzten Pressetermin um 18.30 Uhr versammelten sich einzelne Aktivist_innen auf der Kastanienallee. Trotz Anmeldung von Antifa-Seite setzte die Polizei über zwei Stunden die Pressekonferenz der „Freiheit“ durch und verwies Antifaschist_innen des Platzes. Aaron König, der ursprünglich zum Gründungsstamm der Partei gehörte aber mittlerweile anscheinend abserviert wurde, verteilte an Gegendemonstrant_innen Flugblätter, die sich gegen den Islam richteten und mal wieder mit einer Vielzahl blutrünstiger Verse versehen waren. Viel von dem Propaganda-Material landete letzten Endes aber auf dem Boden.

Die Zahl der Gegendemonstrant_innen wuchs im Laufe der Zeit auf rund 50, die mit Sprechchören wie „Nazis, Freiheit, CDU – Den Rassisten keine Ruh!“ und „Haut ab, haut ab!“ für suboptimale Bedingungen sorgten, die Veranstaltung störungsfrei durchzuführen. Das Lieblingshaus und das Lieblings-Café in der Straße sponsorten noch etwas Geschirr, so wie Löffel und Tabletts, was immer wieder für eine wahrnehmbare Lärmkulisse sorgte. Die „Freiheit“ versuchte kurzerhand die Pizzeria gegenüber der GLS-Sprachschule für ihren Pressetermin zu mieten, was jedoch missglückte. Im Lokal hatte sich bereits ein Mitglied des rechten Blogs „PI-News“ samt Bodyguard niedergelassen. Nach dem Demosntrant_innen aber das Lokal belagerten und kurz zuvor auch den Transport des Rednerpultes der Partei auf die andere Seite verhinderten, in dem sie Ketten bildeten, wurde auch der Plan einer Pressekonferenz in der Pizzeria La Fontana ad acta gelegt. Nach zäh verlaufender Verhandlung mit Dirk Stegmann, dem Sprecher des Antifa-Bündnisses, genehmigte die Einsatzleitung letzten Endes die Gegenkundgebung. Indessen war der Großteil des Spektakels allerdings schon vorbei. Die Beamten hatten über zwei Stunden beide Seiten voneinander getrennt und konnten so auch die Zerstreuung der „Freiheit“-Mitglieder und ihrer Leibgarde gewähren. Nach internen Informationen soll die Freiheit den Rest ihres Parteitags wohl in einem Etablissement in Blankenburg, am dörflichen Rand Pankows, durchgeführt haben.

Krokodilstränen auf der Kastanienallee

Für Menschen, die von 2006 bis 2008 miterleben mussten, wie in Pankow rund 2000 bis 3000 CDUler, brave Bürger und Neonazis gegen die Moschee sturmliefen und sich auf der Gegenseite gerade mal 200 Menschen versammelten, war es eine Art späte Rache, den großen Zampano der Pankower Anti-Moschee-Proteste auf der Kastanienallee ausgesperrt vom Tagungsort hinter seinem Papp-Rednerpult stehen zu sehen, wie er mit weinerlicher Stimme über die „Linksextremisten“ schimpft. Alles in allem kann der Protest gegen den Parteitag als Erfolg gewertet werden. Die Mobilisierung zu einer öffentlichen Aktion, die Pressearbeit, die Information der Raum-Vermieter_innen und letzten Endes die Präsenz auf der Straße haben ihren Teil dazu beigetragen, dass die Veranstaltung der Freiheit gründlich ins Wasser fiel.
Auch wenn Der Parteivorsitzende ankündigte: „Wir werden antreten. Wir werden uns nicht einschüchtern lassen, schon gar nicht von diesen Verrückten“, kann dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass der gefloppte Parteitag an diesem Dienstag ein tiefer Einschnitt in die Truppenmoral der Partei ist.

Auf geht’s, los geht’s!

Anzumerken bleibt trotzdem, dass die rund 50 Antifaschist_innen gerade während des abgehaltenen Pressestatements viel zu leise waren und viele der „Freiheit“-Gegner_innen ihr Tun lediglich auf das Beobachten und rumstehen beschränkten. Allen Beteiligten war klar, dass „nichts gehen wird“, da Polizei und privater Personenschutz der „Freiheit“ jede direkte Aktion sofort unterbunden hätten. Geschlossene Sprechchöre zu rufen oder sich auch ein Instrument zum Krach machen zu nehmen wäre nicht zu viel verlangt gewesen.
In diesem Jahr werden wir gerade während des Wahlkampfes noch das ein oder andere Mal in die Situation kommen, dass ein Haufen von rechten gehobenen Alten in Nadelstreifen umringt von Polizeibeamten ihre Kleinstkundgebungen abhalten. Im Gegensatz zu Neonazis à la NPD und Kameradschaften sind diese rechten Strömungen näher am Staat dran, ideologisch wie auch praktisch. Die Polizeikette muss also mitgedacht werden. Wenn wir also vor Ort gegen die Rechtspopulisten „was reißen“ möchten und dafür sorgen wollen, dass „was geht“, dann werden wir vor allem auf öffentliche Demütigung setzen müssen. Sprechchöre, Instrumente zum Krach machen, Selbstgebasteltes und vor allem Menschenmasse werden unsere wichtigsten Mittel sein, um einen wirkungsvollen Belagerungszustand rechter Veranstaltungen zu erreichen. Dies soll nicht andere Aktionsformen ausschließen, sondern orientiert sich vor allem an dem was gerade möglich ist, die Einbindung von Nicht-Szene-Mitgliedern ermöglicht und irgendwie dem Zustand der Berliner Antifa gerecht wird.
Die „Freiheit“ unterhält derzeit Bezirksgruppen in Steglitz-Zehlendorf , Charlottenburg-Wilmersdorf und Neukölln und wird höchstwahrscheinlich auch noch in andere Bezirke expandieren – ein guter Anlass also für eine Innenstadt-fixierte Linke mal in einen anderen Stadtteil zu fahren. Unterstützen wir 2011 das Bündnis "Rechtspopulismus stoppen!" und setzen sorgen wir dafür das auch in unserer eigenen Nachbarschaft antifaschistische Akzente gesetzt werden.

Packen wir es also an, nicht nur während des Wahlkampfes:
Die Reaktion stoppen!

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North East Antifascists