Vermummter Demonstrant muss 1200 Euro Strafe zahlen

Erstveröffentlicht: 
26.11.2010

Folge einer Kundgebung im November 2009: Ein Demonstrant muss wegen Vermummung und Widerstand 1200 Euro Strafe zahlen.

 

Gesicht zeigen ist Pflicht. Das gilt nach dem Versammlungsgesetz während einer Demonstration. Wer sich dennoch ein Tuch über Mund und Nase zieht, begeht demnach eine Straftat. Ein 29-jähriger Arbeiter, der genau dies am 14. November 2009 in Freiburg getan hatte, ist jetzt vom Amtsgericht wegen eines Verstoßes gegen das Vermummungsverbot und wegen Widerstands gegen Polizeibeamte zu einer Gesamtgeldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 30 Euro verurteilt worden – das macht insgesamt 1200 Euro.

Für jenen Novembertag vor einem Jahr hatte die Antifa seit Wochen im Internet und auf Plakaten zu einer Kundgebung aufgerufen. Die Demonstration war jedoch beim Amt für öffentliche Ordnung weder angemeldet noch genehmigt worden. Gegen 15 Uhr hatten sich nach Schätzungen der Polizei bereits rund 900 Menschen am Schwabentor versammelt. An der Zugspitze machte die Polizei einen schwarzen Block aus, dessen Mitglieder zu 60 Prozent vermummt gewesen seien. Ab 15 Uhr sei dort Unruhe aufgekommen und es seien Flaschen und Böller gegen Polizisten und unbeteiligte Passanten geworfen worden. So die Aussage des damaligen Einsatzleiters der Polizei. Auf den Videos, die dem Gericht vorlagen, sind die Würfe nicht zu sehen.

Um 16.03 Uhr gab der Einsatzleiter über Lautsprecher bekannt, dass nunmehr die Störer aus dem Demonstrationszug ausgesondert würden. Auch werde die Polizei bei den Vermummten die Personalien feststellen. Die dem Gericht vorgelegten Polizeivideos zeigen den Angeklagten mehrfach am hinteren Ende des schwarzen Blocks. Nur in einer einzigen Bildsequenz um 16.10 Uhr hat er ein Tuch über Mund und Nase gezogen.

Für seinen Verteidiger Axel Oswald stellte sich damit die Frage, ob diese Sequenz nach der Einkesselung und damit nach Auflösung der Versammlung entstanden sei. In seinem Plädoyer bejahte er diese Frage. Nach der Einkesselung gelte nicht mehr das Versammlungsgesetz – und auch nicht das Vermummungsverbot. Daher beantragte er Freispruch. Staatsanwalt Clemens Allwyer hatte zuvor mit dem Argument, dass die Demonstration um 16.10 Uhr faktisch noch nicht beendet gewesen sei, für eine Verurteilung plädiert.

Wie er hielt auch Strafrichterin Heilshorn das Versammlungsgesetz für anwendbar: "Eine Demo wird nicht dadurch beendet, dass die Polizei die Feststellung der Personalien der Teilnehmer ankündigt und durchsetzt." Der Angeklagte habe gegen das Vermummungsverbot verstoßen. Im Gegensatz zum Verteidiger ging sie auch von einem aktiven Widerstand des Angeklagten bei seiner vorläufigen Festnahme aus. Das Video zeige, wie zwei Polizisten den Angeklagten mit einem kurzen Ruck aus der ersten Reihe herausziehen.

Die Richterin berief sich darüber hinaus auf die Aussagen der beiden Polizeibeamten. Sie hatten geschildert, dass sich der Angeklagte bei seinen Nachbarn aktiv eingehakt und mit Kraft gegen eine Mitnahme gewehrt habe. Auf zwei Aufforderungen, freiwillig mitzugehen, habe er nicht reagiert. Der Widerstand des Angeklagten, so die Richterin, sei "sehr unterschwellig gewesen". Für die Vermummung verhängte sie 20 Tagessätze, für den Widerstand 30 Tagessätze. Daraus bildete sie die Gesamtstrafe von 40 Tagessätzen zu je 30 Euro.