Kriminalität : Empörung über rechte Symbole in Bochum wächst

geschändete jüdische Gräber, Bochum
Erstveröffentlicht: 
22.11.2010

Bochum. Empörung und Bestürzung spricht aus Kommentaren und Stellungnahmen nach den massivsten Hakenkreuzschmierereien in Bochum seit vielen Jahren.


Wie sich erst jetzt herausgestellt hat, sind insgesamt drei Stellen im Stadtgebiet betroffen. Jeweils mit roter Farbe wurden Hakenkreuze und SS-Runen an die Gedenkstätte für die Synagoge in der Innenstadt und den Gedenkstein für Kriegsopfer und ermordete Juden auf dem Hauptfriedhof geschrieben. Mit silbergrauer Sprühfarbe schändeten die unbekannten Täter den jüdischen Friedhof an der Bochumer Straße in Wattenscheid.

 

„Es ist eine absolute Schande, was da passiert ist“, sagte Kulturdezernent Michael Townsend in einer ersten Reaktion. Eine Gesellschaft gerade mit einer Erinnerungskultur, wie sie in Bochum gepflegt werde, dürfe so etwas nicht dulden. Dr. Hubert Schneider, der sich als Vorsitzender des Vereins „Erinnern für die Zukunft“ seit vielen Jahren mit der Geschichte der Juden in dieser Stadt beschäftigt, ist erschüttert: „Hier sehen wir, was einige Wirrköpfe anrichten können.“ Es sei wichtig zu berichten, gleichzeitig spiele eine Dramatisierung der Tat gerade diesen Leuten in die Hände.

 

Mit Entsetzen reagierte auch die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, die fordert, „gegen die neofaschistischen Verbrecher mit allen Mitteln vorzugehen“ und die Soziale Liste im Rat, verlangt, dass die Polizei nicht nur wegen „Sachbeschädigung“ ermitteln dürfe.

 

Die Abteilung Staatsschutz der Kriminalpolizei hat Ermittlungen wegen Volksverhetzung und des Zeigens verfassungswidriger Organisationen (StGB 86a) aufgenommen. Leo Heitfeld, Leiter des Staatsschutzes: „Wir haben im Raum Bochum eine Szene von zehn bis 20 Rechtsextremen, die wir ganz genau beobachten.“ Meist handele es sich um Jugendliche, wobei die Namen durchaus wechseln könnten.

 

Zur Zeit wertet die Kripo die Spuren aus. Die Schmierereien und Beschädigungen seien vermutlich in der Zeit zwischen Freitagabend und Samstagmorgen verübt worden. Wer im Umfeld der Friedhöfe Freigrafendamm (Immanuel-Kant-Straße), Jüdischer Friedhof Wattenscheid, (Bochumer Straße) oder der Gedenkstätte (Huestraße) zur fraglichen Zeit Beobachtungen gemacht hat, wird gebeten, sich an die Polizei, s 0234/909-3221, zu wenden.

 

Der Wattenscheider Bezirksbürgermeister Hans Balbach ist erschrocken über das Ausmaß: „Gerade eine solche Tat muss uns alle motivieren, in unserem Bemühen um Aufklärung nicht nachzulassen.“ Er erinnert daran, dass in Wattenscheid besonders jüngere Leute im Zusammenhang mit dem Gedenken an den 9. November 1938 seit Jahren in die Erinnerungsarbeit eingebunden werden. In Wattenscheid wird seit etwa 15 Jahren durch die Bezirksvertretung im Rathaus an die Pogromnacht erinnert.

 

Erst vor wenigen Tagen wurden die gläsernen Stelen, die an die ehemalige Synagoge in Wattenscheid am Nivelles-Platz erinnern, ebenfalls mit Hakenkreuzen beschmiert. Viele Jahre hatte sich der Wattenscheider Hannes Bienert vor Ort für dieses Gedenkstellen eingesetzt und mit einer Spendenaktion das Geld gesammelt.

 

Der SPD-Landtagsabgeordnete Serdar Yüksel zeigte sich betroffen über die Friedhofsschändungen. „Bei diesen Taten handelt es sich um feige und abscheuliche Taten. Ich kann nur hoffen, dass die Täter bald gefasst werden.“

 

Er hält es vor diesem Hintergrund für dringend notwendig, dass mehr Mittel in die Bekämpfung des Rechtsextremismus und Antisemitismus zur Verfügung gestellt werden. Viele dieser Delikte würden nicht aufgeklärt und Motive und Zusammenhänge blieben somit im Dunklen. Der Friedhof liege unweit der Pestalozzi-Realschule. In der vergangenen Woche kehrten Schüler von einem Austausch in Israel zurück. Solche Angebote müssten gefördert werden.