Mappus-Rede in Freiburg versinkt im Dauerprotest

Beim Festakt zum 50-jährigen Bestehen des Arnold-Bergstraesser-Instituts im Freiburger Audimax kam es zu massiven Störungen. | Foto: Bernd Landwehr
Erstveröffentlicht: 
08.11.2010

Das Arnold-Bergstraesser-Institut hat Ministerpräsident Stefan Mappus nach Freiburg eingeladen, um über Entwicklungspolitik zu reden. Dazu kam es nicht wirklich. Mappus’ Referat ging im studentischen AKW-, S21- und Bildungsprotest unter.

 

Stefan Mappus ahnte, was kommt, er versuchte es sportlich zu nehmen. "Von der Universität Freiburg ist man höchste akademische Qualität gewöhnt", damit leitete der Stargast des Abends seine Festrede ein. Doch von seinem 45-Minuten-Vortrag werden selbst die vorderen Reihen des voll besetzten Saals kaum etwas in Erinnerung behalten: Mappus’ Worte gingen im Grölen, Pfeifen und rhythmischen Klatschen von etwa hundert Protestierern buchstäblich unter. Freiburgs größter Hörsaal, wie Audimax übersetzt heißt, wurde Montagabend zu einer Lärmhölle von äußerst geringer akademischer Qualität.

 

Alle Appelle nutzen nichts


Der christdemokratische Ministerpräsident war Hauptredner beim 50. Jubiläum des Arnold-Bergstraesser-Instituts (ABI), das sich mit Entwicklungspolitik beschäftigt. Das war auch sein Thema – nicht die Debatten, die er dieser Tage vor allem führt, über Stuttgart 21 oder AKW-Laufzeitverlängerungen, sondern: Was unternimmt Baden-Württemberg, um den Ärmsten der Welt zu helfen?

 

Das hinderte einen Teil des studentischen Publikums nicht, lautstark auf die ersten beiden Themen zurückzukommen. Sie spannten Anti-Atom-Transparente auf, skandierten "Oben bleiben", den Schlachtruf der Stuttgart 21-Gegner, wieder andere forderten die Verfasste Studentenschaft, und mit Dauergetöse machten alle ihrem Gegenüber klar, worauf sie überhaupt keinen Wert legten: Zuhören oder Debattieren.

 

Es half nichts, dass ABI-Direktor Weiland an die "akademische Pflicht" erinnerte, einen Redner anzuhören, auch nichts, dass der grüne OB Salomon sich demonstrativ neben Mappus stellte. Hier sollte ein Politiker, in dem einige eine Hassfigur erblicken, systematisch am Reden gehindert werden. Der fügte seiner vorbereiteten Rede spontan einen letzten Satz hinzu, der von Rosa Luxemburg stammt: "Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden." Welche könnte die Kommunistin gemeint haben? Sicher nicht die Freiheit, jemandem den Mund zu verbieten.


Und so fand der lautstarke Protest nicht von allen Seiten Zustimmung – auch nicht innerhalb der Studentenschaft. "Dies hier ist ein Festakt", meinte etwa Soziologiestudentin Priya Pfeifer. "Es ist eine Frage des Respekts, jemanden sprechen zu lassen."

Auch unter den Demonstranten war die Dauerbeschallung umstritten: "Ich distanziere mich von dem Dauergetöse", betonte eine Demonstrantin von Greenpeace Freiburg. Die einzelnen Gruppen hätten ihren Protest untereinander nicht abgesprochen. "Wir haben uns extra so aufgestellt, dass wir niemanden stören", erklärte sie. "Ich stand bloß da." Auf der Rückseite ihres T-Shirts: ein "A", erster Buchstabe von "Alles Lüge", das zusammen mit dem Transparent "Castor durchprügeln?" den sichtbaren Protest gegen die Atompolitik der CDU darstellte.

Institutsleiter Weiland fand im Anschluss an Mappus’ Rede ebenfalls deutliche Worte: "Es gehört eine Portion Toleranz dazu, einem Ministerpräsidenten, dem man politisch nicht folgt, ZU-ZU-hören." Damit erntete er Applaus von der einen und Pfiffe von der anderen Seite.