Erneut hat die „Autonome Antifa Freiburg“ zugeschlagen. Nachdem sie im Juni bereits eine Moderatorin des Thiazi-Forums, der größten deutschen Neonazi-Community, outeten, haben sie diesmal offenbar einen NPD-Kreistagsabgeordneten ausfindig gemacht, der auf der Plattform seinem rassistischen Gedankengut freien Lauf lässt und nebenbei den Holocaust leugnet. Verfasst von Oliver Cruzcampo
Bei dem User „Saxus“ soll es sich nach Angaben der Antifa um Tino Felgner handeln. Der 46-Jährige sitzt seit der Kommunalwahl 2008 im Kreistag Mittelsachsen. Dort sei er bisher jedoch kaum in Erscheinung getreten. „Er hat keine Anträge gestellt und auch keine schriftlichen Anfragen an die Verwaltung“, so ein Landratssprecher gegenüber der „taz“. Auch Kerstin Köditz, Sprecherin der Linksfraktion für antifaschistische Politik im Sächsischen Landtag, scheint dies ähnlich zu sehen: „Er ist eine typisch graubraune Maus“. Sie gibt sich wenig überrascht von dem „Doppelgesicht“ des NPD-Mannes.
In der Online-Community zeigt sich Tino Felgner jedoch weitaus aktiver. Seit 2008 schreibt er in dem Forum und hat über 2.000 Beiträge verfasst. Dort kann er seine Gesinnung ausleben: „Den rechten Arm zur Sonne ist schön, aber im Volke unangebracht. Lernen wir, die ,Demokratie' für uns zu nutzen!“, schreibt er dort in einem Beitrag. Menschen afrikanischer Herkunft bezeichnet er als „Affen“ und „Ungeziefer“, die millionenfache Ermordung von Juden im Dritten Reich sei nur ein „Holowitz“. Er legt nach: „Es gibt keine historische Faktenlage zur ´Kriegsschuld´ und zum ´Holo´“.
Das Thiazi-Forum, auf dem Felgner seine Beiträge verfasst, ist der einflussreichste deutschsprachige Online-„Spielplatz“ für Neonazis. 24.000 Nutzer haben mehr als eine Million Beiträge verfasst. Neben politischen Diskussionen und Aufrufen zu Demonstrationen, findet man dort auch historisches Tonmaterial oder Hitlers „Mein Kampf“ in digitalisierter Form. Bei einer Umfrage, ob der Holocaust stattgefunden hätte, antworteten mehr als die Hälfte mit „natürlich nicht“. Angst vor Strafverfolgung hat man offenbar keine. Die Server der Internetseite stehen in den USA, dort fällt die Leugnung des Holocausts unter Meinungsfreiheit.
Vor einem knappen Monat hackten sich Aktivisten der Autonomen Antifa Freiburg jedoch in das Forum und so hatten sie nach eigenen Angaben am 17. September für 24 Stunden ungehinderten Zugriff auf das passwortgeschützte Forum. Auch der „Jungen Welt“ würden Dokumente vorliegen, die darauf hindeuten, dass es sich bei dem Nutzer „Saxus“ tatsächlich um den NPDler Tino Felgner handelt. Der leugnet dies jedoch. „Jeder kann sich im Internet unter irgendeinem Namen anmelden und Einträge schreiben“, so der gelernte Maurer. In der Tat scheint sich Felgner nicht viel aus den Vorwürfen zu machen. Sein Profil ist weiterhin zu erreichen, allein heute verfasste er dort vier Beiträge.
Bereits Anfang Juni outete die Freiburger Antifa eine Moderatorin des Neonazi-Forums. Die 51-Jährige ist Mutter von zehn Kindern und sitzt im Elternbeirat einer Schule. In der Online-Community schwärmt sie von Adolf Hitler und berichtet davon, wie sie mit ihrem Nachwuchs Naziflaggen näht.
Im April veröffentlichte die „Deutsche Stimme“, Parteiorgan der NPD, einen Beitrag, in dem Neonazis dazu aufgerufen werden, in der virtuellen Welt mehr Präsenz zu zeigen. Die sozialen Netzwerke sollen so unterwandert, Jugendliche angeworben werden. Man müsste von „möglichst vielen Menschen entdeckt, kennengelernt und kontaktiert“ werden. So hat sich das die Redaktion der Zeitung, deren Sitz in Riesa nur etwa eine Autostunde vom Wohnort Tino Felgners entfernt ist, sicherlich nicht vorgestellt.