Episoden aus dem Leben einer Lustigen Volkszeitung. Diesmal: linke Nummer
»Die Antifa war’s nicht, also berichten wir nicht weiter über den Anschlag auf die Justizminister-Wohnung.« – So ähnlich liefen wohl die Gedankengänge bei der LVZ. Anders kann man die knappe Notiz nicht deuten, mit der die Zeitung gestern den baldigen Prozessauftakt gegen die Angeklagten vermeldete. Hat man dort keine Lust auf Berichterstattung, weil das Täterprofil nicht stimmt?
Beginnen wir mit einem Suchspiel. Finden Sie den Unterschied:
»Antifa soll Anschlag auf Justizminister Gemkow in Leipzig verübt haben«
»Mutmaßliche Steinewerfer auf Gemkow-Wohnung im August vor Gericht«
Bemerken Sie den leichten Wechsel in der Gewichtung? Unter der ersten Überschrift macht die LVZ – auf Aussagen des Verfassungsschutzes gestützt – die angebliche politische Motivierung der Täter groß aufgemacht publik. Die zweite verkündet den Prozesstermin für die mutmaßlichen Täter, eine weitere Einordnung bleibt aus. Die beiden sollen in der Nacht auf den 24. November 2015 einen Anschlag auf die Wohnung des sächsischen Justizministers Sebastian Gemkow in der Leipziger August-Bebel-Straße verübt haben. Mit Steinen und Buttersäure attackierten die Täter die Wohnung, der anwesende Minister und seine Familie blieben unverletzt. Die Polizei fahndete in alle Richtungen, Verfassungsschutz und LVZ legten sich schnell auf ein Tätermilieu fest. Und wurden von der Realität enttäuscht.
Einmal mehr zeigt die LVZ doppelte Standards, wenn es um politische Berichterstattung geht. Denn die beiden mutmaßlichen Täter stammen nicht nur nicht aus dem Antifa-Umfeld, sondern ihr Angriff war höchstwahrscheinlich rechts motiviert. Einer der beiden Täter, Thomas K., ist einschlägig bekannt. Noch dazu befand sich die Geschäftsadresse eines linken Bekleidungslabels im selben Haus. Über solche Hintergründe hat natürlich abschließend das Gericht zu befinden. Man muss diese Informationen der Leserschaft aber dennoch nicht vorenthalten.
TOBIAS PRÜWER