Einheitliche Standards für Gefährder - Innenminister diskutieren Überwachung von Kindern zur Terrorabwehr

Erstveröffentlicht: 
13.06.2017

Bis Mittwoch wollen die Länder-Innenminister ein gemeinsames Vorgehen im Kampf gegen den Terror abstimmen. Für Kritik sorgt der bayerische Vorstoß, auch Kinder im islamistischen Umfeld vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen.

 

Dresden. In Bund und Ländern sollen künftig einheitliche Standards bei der Terrorabwehr gelten. Der Chef des Bundeskriminalamts habe dazu den Innenministern der Länder in Dresden eine neue Methode zur Bewertung von „Gefährdungssachverhalten und Gefährdern“ vorgeschlagen, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Dienstag am Rande der IMK-Frühjahrstagung in Dresden. Für Kritik sorgte weiterhin der bayerische Vorstoß, auch Kinder im islamistischen Umfeld vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen. In der Frage einer Überwachung verschlüsselter Messenger-Dienste zeichnete sich eine Annäherung ab.

 

Künftig solle es im gemeinsamen Terrorabwehrzentrum „mit dem Bundeskriminalamt als koordinierende Stelle eine bessere Sachbearbeitung der Gefährdung selbst“ geben, sagte de Maizière. „Das heißt, verbindliche Standards im Umgang mit den Gefährdern, damit - wenn man sich auf eine bestimmte Gefährdungsstufe eines Gefährders einigt - dann auch die Maßnahmen in den Ländern verbindlich gemeinsam abgestimmt sind.“ 

 

Messenger-Überwachung soll kommen


Gleiches gelte für die Cyber-Abwehr. „Auch hier sind wir der Auffassung, dass wir ganz anders als bisher in neuer Qualität zwischen Bund und Ländern zusammenarbeiten wollen“, sagte der Bundesminister.

 

Zur Überwachung von „Ende zu Ende verschlüsselter“ Messenger-Dienste wie Whatsapp seien - anders als bei SMS oder normalen Telefongesprächen - besondere Maßnahmen nötig. „Dazu gehört die sogenannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung oder die Online-Durchsuchung.“ Beides werde in einer der beiden noch verbleibenden Sitzungswochen im Bund in der Strafprozessordnung verankert, kündigte de Maizière an. „Das ist ein großer Erfolg. Und ich denke, die Länder sollten das auch tun.“

 

Auch der Deutsche Richterbund sprach sich für entsprechende Möglichkeiten aus. Es könne nicht sein, dass Ermittler zwar Telefongespräche abhören dürften, nicht aber auf die Kommunikation bei WhatsApp, Telegram oder Threema zugreifen könnten, sagte Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn der „Rheinischen Post“. „Immer mehr Kriminelle weichen gezielt auf verschlüsselte Messenger-Dienste aus.“

 

Der IT-Verband Bitkom warnte vor zusätzlicher Überwachung. Es gebe bereits Möglichkeiten, sagte Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder im rbb-„Inforadio“. „Wir brauchen jetzt nicht noch zusätzliche Einfallstore, die offiziell geöffnet werden.“ Diese könnten dann auch von Kriminellen genutzt werden. 

 

Überwachung von Kindern nur in „extremen Ausnahmesituationen“


Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) verteidigte erneut seine Forderungen nach einer Beobachtung notfalls auch von Kindern im islamistischen Umfeld durch den Verfassungsschutz. „Da geht es um extreme Ausnahmesituationen“, sagte er im Deutschlandfunk.

 

Die Innenexpertin der Grünen im Bundestag, Irene Mihalic, warf ihm dagegen eine „völlige Entgrenzung“ vor und riet, statt „abstrusen Beobachtungsfantasien“ nachzugehen, lieber Präventionsstrategien aufzulegen, um Radikalisierung zu bekämpfen. Kritik kam auch vom Deutschen Anwaltverein. „Die Fantasie der Sicherheitspolitiker scheint nun endgültig keine Grenzen mehr zu kennen“, sagte DAV-Präsident Ulrich Schellenberg.

 

De Maizière hielt sich mit einer Bewertung der Forderung zurück. Im Bund gelte eine Altersgrenze von 14 Jahren. „Ich bin an einer gemeinsamen Lösung interessiert“, sagte er und erinnerte an den Fall eines jungen Mädchens, „das ab dem elften Jahr radikalisiert worden ist von Salafisten und dann wenige Jahre später einen Polizisten in Hannover niedergestochen hat“.