Stadtverwaltung und Polizeibehörde sind die dritten Akteure in diesem komplizierten Schachspiel im Vorfeld der TddZ-Demonstration. Kurz vor Redaktionsschluss sind die Informationen bezüglich der von den Nazis angemeldeten Demonstration seitens der städtischen Behörden mehr als spärlich. Aus inoffiziellen Quellen ist lediglich bekannt, dass der Demozug der Nazis vermutlich über eine alternative Route im Stadtteil Durlach laufen wird, da die Innenstadt wegen der parallel stattfindenden Christopher Street Day Parade „Bunte Liebe statt brauner Hass!“ größtenteils unzugänglich sein dürfte.
Behörden halten sich noch bedeckt
Über die Einschätzung der Gefahrenlage halten sich Stadtverwaltung und Polizeibehörde weiter bedeckt. Da anscheinend noch kein Kooperationsgespräch mit dem Anmelder des TddZ stattgefunden hat, will -das Ordnungs- und Bürgeramt derzeit „noch keine abschließende versammlungsrechtliche Einschätzung der Situation vornehmen“, so Mathias Tröndle vom Presse- und Informationsamt der Stadt Karlsruhe. Ähnlich äußerte sich auch das Polizeipräsidium, das nach eigenen Angaben noch mit der Erstellung einer Gefahrenprognose beschäftigt ist. Mit einem Verbot der Demonstration im Voraus ist allerdings nach bisheriger Kenntnislage nicht zu rechnen. Wie vom Presseamt mitgeteilt, rechtfertigt aus Sicht der Stadtverwaltung allein die Tatsache, dass am selben Tag der Christopher-Street-Day in der Karlsruher Innenstadt stattfindet, kein Versammlungsverbot.
„Man will Gefahren für die Bevölkerung abwenden“
Offiziell bekannt ist jedoch, dass die Versammlungsbehörde der Stadt Karlsruhe schon längst Kontakt mit der Stadt Dortmund aufgenommen hat, um sich über die Geschehnisse beim dortigen „Tag der deutschen Zukunft 2016“ zu informieren. Im Juni letzten Jahres endete der von rund 1.000 Rechtsradikalen besuchte Nazi-Aufmarsch in der Ruhrmetropole mit Angriffen auf Polizei und Gegendemonstranten und zahlreichen Verletzten. „Auf alle Fälle“, betont unmissverständlich das Presse- und Informationsamt, „will die Stadt alle Möglichkeiten ergreifen, um Gefahren für die Bevölkerung abzuwenden, wie im Jahre 2013 auch“.
Damals musste die Stadt einen zuvor genehmigten Nazi-Aufmarsch absagen, nachdem etwa 2.500 Gegendemonstranten die Route blockierten. Aufgrund der Gefahrenlage hielten die Versammlungsbehörden ein eventuelles Vorgehen der Polizei bis hin zum Einsatz von Schlagstöcken und Polizeipferden gegen die großenteils friedliche Demonstranten als unverhältnismäßig übertrieben, um das Versammlungsrecht der Rechtsradikalen zu gewähren. Für diese Entscheidung erhielt die Stadt zwei Jahre später eine juristische Ohrfeige: Im Dezember 2015 erklärte der Verwaltungsgerichtshof Baden –Württemberg dies für eine „Fehleinschätzung“ und die kurzfristige Absage der Nazi-Demo für rechtswidrig.
Juristische Hürden und politischer Wille
Ob und wie dieses juristische Nachspiel das Verhalten der Stadtverwaltung bei dem angekündigten Nazi-Aufmarsch im Juni beeinflussen wird, ist noch unklar. Zwar ist der Stadt Karlsruhe durchaus bewusst, dass die Möglichkeiten, lenkend oder sogar verhindernd auf eine Demo einzuwirken, „an hohe Hürden“ geknüpft ist. Diese sei jedoch im Einzelfall zu prüfen und die aus der geplanten Nazidemonstration ausgehende Gefahr ist mit Sicherheit nicht zu unterschätzen. Schließlich sind – diese Hürden rechtlicher und nicht politischer Natur.
Während sich einerseits die städtischen Behörden in ihrer Praxis an die geltenden Gesetze zu halten haben, sind die Parteien im Gemeinderat und die Zivilgesellschaft auf der anderen Seite in ihrer Möglichkeit frei, ein deutliches politisches Signal gegen die Nazi-Demonstration zu setzen. Eine breite Mobilisierung wie im Jahr 2013, bei der im Unterschied zu den wiederkehrenden Pegida-Demonstrationen auch SPD, CDU und Gewerkschaft deutlich und massiv mobilisierten, wird die entscheidende Voraussetzung sein, um erneut – wie im Jahr 2013 – einen Nazi-Aufmarsch in unserer Stadt zu verhindern.
In zwei weiteren Artikeln zum Thema beleuchten wir die Akteur*innen hinter dem TddZ und Gegner*innen des Aufmarschs.