Am Samstag ziehen zwei Demonstrationszüge durch Würzburg. Die neonazistische Kleinstpartei „Der III. Weg“ marschiert „in Gedenken an die Opfer des Bombenterrors“. Gemeint sind die Luftangriffe der Alliierten auf Nazi-Deutschland. Der Trupp will um 15.30 Uhr am Hauptfriedhof starten, spätestens um 20 Uhr muss er fertig sein. Die Polizei erwartet bis zu 150 Rechtsextremisten.
Mehr als 1000 Teilnehmer erwartet die Polizei bei der Gegendemonstration, die schon um 13:30 Uhr am oberen Markt beginnt. Angemeldet hat sie die Initiative „Würzburg lebt Respekt – Kein Platz für Rassismus“.
Die Polizei sperrt die Route der Neonazis mit Gittern ab
In einer gemeinsamen Pressekonferenz stellten Stadt und Polizeipräsidium
ihr Sicherheitskonzept vor. Laut Johannes Hemm, einem Leitenden
Polizeidirektor, werden Polizeieinheiten aus Bayern, Thüringen, Hessen
und Baden-Württemberg vor Ort. Sie werden die Route der Neonazis mit
Gittern absperren.
Betroffen sind der Friedrich-Ebert-Ring, wo die Partei eine
Hauptkundgebung abhält, und die Strecke Berliner Platz, Kroatengasse,
Heinestraße, Haugerkirchplatz (mit Zwischenkundgebung), Textorstraße,
Semmelstraße, Handgasse, Rüdigerstraße, Kapuzinerstraße (mit
Zwischenkundgebung) und durch Rüdigerstraße, Ludwigstraße und Berliner
Platz zurück zum Hauptfriedhof zur Abschlusskundgebung.
Anwohner müssen mit Kontrollen rechnen
Hemm zufolge will die Polizei die Absperrgitter so spät wie möglich auf-
und so schnell wie möglich wieder abbauen, um die Beeinträchtigungen
für Verkehr und Anwohner so gering wie möglich zu halten. Autofahrern
empfiehlt er das Beachten zusätzlich aufgestellter Verkehrsschilder.
Anwohner müssen sich auf Kontrollen beim Passieren der Sperren
einstellen.
Dieser Aufmarsch der vom Verfassungsschutz beobachteten Neonazis ist der
vierte in einer Reihe, die unter dem Motto „Ein Licht für Dresden“
steht. 2014 absolvierten sie den ersten in Tschechien, in den folgenden
Jahren waren sie in Wunsiedel und Worms unterwegs.
Bengalische Fackeln sind erlaubt, Gleichschritt ist verboten
Die Stadt erlaubt ihnen das 60 Sekunden währende Abbrennen von maximal
zehn bengalischen Fackeln. Vier Trommeln dürfen sie schlagen, allerdings
nicht im Marschtakt, und im Gleichschritt dürfen sie auch nicht
marschieren. Eine militärische Kopfbedeckung, kombiniert mit
Springerstiefeln, hat die Stadt ebenfalls verboten, dazu alles, was als
Waffe benutzt werden könnte.
Die Nazigegner ziehen ab 13:45 Uhr – nach einer viertelstündigen
Auftaktkundgebung – am oberen Markt los. Ihre Strecke: Kürschnerhof,
Plattnerstraße, Bruderhof, Paradeplatz, Ingolstadter Hof,
Kardinal-Faulhaber-Platz, Theaterstraße, Rennweg zur
Philipp-Schrepfer-Allee an der Ecke Husarenstraße/Rennweger Ring.) Hier
soll eine eineinhalbstündige Abschlusskundgebung stattfinden.
Nazigegner wollen Neonazis mit Schimpf und Schande aus der Stadt jagen
Zu dieser Demonstration rufen laut „Würzburg lebt Respekt“ unter anderem
SPD, Grüne, Linkspartei und Jusos auf, die Arbeitsgemeinschaft für
Arbeitnehmerfragen in der evangelisch-lutherischen Landeskirche in
Bayern, das Bündnis für Zivilcourage, der Asylarbeitskreis „Mehr als
16a“, der Florakreis und „Stammheim ist bunt“.
In einer gemeinsamen Erklärung schreiben sie, die Neonazis würden die
Angriffe der Alliierten „skrupellos“ in Kriegsverbrechen umdeuten, um
Täter zu Opfern zu stilisieren. Dieser „widerwärtige
Geschichtsrevisionismus“ und die Leugnung der deutschen Kriegsschuld
seien auf keinen Fall hinnehmbar.
Pegida sei 2015 „mit Schimpf und Schande aus der Stadt gejagt worden“. Die Nazigegner rufen auf, „diesen Erfolg zu wiederholen“.
Die Polizei erwartet gewaltbereite Linksextremisten
Hemm geht davon aus, dass sich gewaltbereite Linksextremisten unter die
Gegendemonstranten mischen werden. Sie hätten bayernweit aufgerufen, den
Naziaufmarsch zu blockieren. Die Polizei schätzt, dass mehr als 100
kommen.
In der Pressekonferenz erklärte der Polizeidirektor, dass eine Blockade
keine friedliche Demonstration sei. Gegen „gewaltbereite Störer“ werde
die Polizei „konsequent vorgehen“. Er kündigte den Einsatz neuer
Videotechniken zum Zwecke der „qualifizierten Strafverfolgung“ an. Die
Polizei werde keine Verstöße gegen Auflagen und keine Straftaten dulden.
Das Grundgesetz gilt auch für Neonazis
Forderungen, etwa vom DGB, den Nazi-Aufmarsch zu verbieten, folgte die
Stadt nicht. Uwe Zimmermann, als Chef des Fachbereichs Allgemeine
Bürgerdienste zuständig für die Genehmigung von Demonstrationen,
berichtet, die Stadt habe ein Verbot geprüft. Die Partei „Der III. Weg“
werde zwar vom Verfassungsschutz beobachtet, habe ihr durchs Grundgesetz
garantiertes Versammlungsrecht aber nicht verloren.
Die Würzburger Straßenbahn kündigt für den Samstag Umleitungen und
Verspätungen wegen der Demonstrationen an. Gegen 13:30 Uhr werde am
Kürschnerhof der Straßenbahnverkehr für eine Viertelstunde unterbrochen,
berichtete WSB-Pressesprecher Jürgen Dornberger.
Verspätungen und Umleitungen für die Passagiere auf zehn Buslinien
Die Passagiere von stadtauswärts fahrenden Bussen hätten vergleichsweise
wenige Beeinträchtigungen zu erwarten, anders als jene, die Richtung
Busbahnhof fahren. Die WSB plant zwischen 11:30 Uhr bis in die
Abendstunden zum Teil großräumige Umleitungen der Buslinien 6, 12, 16,
20, 21, 25, 26, 28, 48/50 und 470 aus den östlichen und nördlichen
Stadtteilen.
Dornberger meint, wer am Samstag in die Innenstadt wolle, solle das
möglichst früh tun, weil auch auf den Umleitungsstrecken mit Staus zu
rechnen sei.
Berichtigung: In der ursprünglichen Fassung stand, OB Christian
Schuchardt spreche bei der Auftaktkundgebung der Nazi-Gegner. Das war
falsch. Schuchardt spricht beim Friedensgebet der Nagelkreuz-Initiative,
das vor Beginn der Kundgebung stattfindet. Wir bitten, diesen Fehler zu
entschuldigen.