Die AfD in Mecklenburg-Vorpommern stemmt sich gegen den geplanten Parteiausschluss des thüringischen Landesvorsitzenden Björn Höcke. Der Beschluss des Bundesvorstandes, Höcke wegen seiner Rede Mitte Januar in Dresden auszuschließen, sei falsch, sagten mehrere Landtagsabgeordnete gegenüber NDR 1 Radio MV. Sie stellten sich demonstrativ hinter den völkisch-nationalistischen Frontmann der AfD.
Empörung nach Äußerungen zu Holocaust-Mahnmal
Höcke hatte mit Blick auf das Berliner Holocaust-Mahnmal gesagt, die Deutschen seien das einzige Volk, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt habe. Er löste damit bundesweit Empörung aus. Statt einer geplanten Rüge wegen parteischädigenden Verhaltens soll der gelernte Geschichtslehrer Höcke die AfD nach dem erneuten Vorstandsbeschluss ganz verlassen.
AfD-Abgeordneter Lerche unterstützt Höcke
Dirk Lerche, AfD-Hinterbänkler im Schweriner Landtag, steht hinter dem Mann, der mit seinen Reden und den rechtsextremen Versatzstücken immer wieder provoziert. Das Parteiausschluss-Verfahren schade der AfD, meint er. "Wir wollen einen ambitionierten Bundestagswahlkampf abliefern und uns nicht intern über eine Sache streiten, die schon gegessen ist." Einige würden sich freuen, dass mit Höcke eben auch "Meinungen zu unserer deutschen Geschichte auf den Tisch kommen, die vom Zeitgeist ein bisschen abweichen."
De Jesus Fernandes sieht Ost-West-Spaltung
Höcke hat die AfD im Nordosten im Wahlkampf unterstützt. Viele der rund 600 Parteimitglieder aus Mecklenburg-Vorpommern sympathisieren mit dem sogenannten "Flügel" in der AfD. Das ist das Sammelbecken für die völkischen Ausleger, angeführt vom Thüringer AfD-Chef Höcke. Zu ihnen gehört auch Lerche. Auch der Landtagsabgeordnete Holger Arppe meint, der Bundesvorstand habe mit seinem Ja zum Parteiausschluss ohne Not kalten Kaffee aufgewärmt. Die Parteiführung sollte sich eher auf den Bundestagswahlkampf konzentrieren. Höckes Rede könne man "so oder so bewerten", sagt Arppe, der auch Vize-Fraktionschef im Landtag ist. Auch sein Fraktionskollege Thomas de Jesus Fernandes steht zu Höcke. Er sieht in der Sache auch einen Riss zwischen der AfD im Westen und im Osten: "Ich habe natürlich gemerkt, dass die westdeutschen Verbände da eine ganz andere Sichtweise als die Verbände im Osten haben, weil die eine andere Positonierung haben." Ein Parteiausschluss wäre, mit Kanonen auf Spatzen zu schießen.
Komning fürchtet Austritt vieler AfD-Mitglieder
Angemessen wäre die schon angekündigte Rüge gewesen, das meint der zweite Vize-Fraktionschef im Landtag, Enrico Komning. Ein Parteiausschluss sei falsch, er könnte viele Mitglieder zum Austritt bewegen, auch wenn das Vorhaben am Ende vor Gericht ohnehin keinen Erfolg habe, meint Komning. Der Rechtsanwalt gehört wie Arppe zu den Sympathisanten des sogenannten "Flügels". Jetzt müsse sich der Landesvorstand ganz schnell gegen diesen Parteiausschluss positionieren, fordert Komning.
Landes-AfD plant Beratungen auf Rügen
Die AfD-Landesspitze will in dieser Woche in Bergen auf Rügen in der Sache Höcke beraten. Der Landesvorsitzende und Fraktionschef Leif-Erik Holm war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Intern soll er bereits klar gemacht haben, dass er den Parteiausschluss für völlig überzogen halte - das sagte der Abgeordnete de Jesus Fernandes. Der Landtagsabgeordnete Nikolaus Kramer - er ist Mitglied im Landesvorstand - liegt auf dieser Linie. Höcke habe der Partei mit seiner Rede zwar keinen Gefallen getan, inhaltlich sei sie aber nicht falsch, nur die Art und Weise habe nicht gestimmt. Dennoch müsse darüber "ergebnisoffen" geredet werden.
Krüger: AfD stellt sich rechtsextremistisch auf
Bedenklich findet SPD-Fraktionschef Thomas Krüger die Haltung der Landes-AfD. Höckes Reden erinnerten an den Nationalsozialismus, hätten mit demokratischen Grundwerten nichts zu tun. Und dennoch weigere sich die AfD in Mecklenburg-Vorpommern das zu verurteilen und sich davon zu distanzieren: "Das bedeutet, dass sich diese Partei rechtsextremistisch aufstellt und das hat zur Folge, dass wir sehr genau schauen müssen, wie wir mit dieser Partei in Zukunft umgehen." In Krügers Augen verlässt die AfD in Mecklenburg-Vorpommern mehr und mehr das demokratische Spektrum, und das verwundere doch sehr.
Zumindest Krügers Äußerungen reizten Parteichef Holm zu einer Reaktion. Krüger solle sich um SPD-Angelegenheiten kümmern und nicht glauben, er könne den Spaltpilz in die AfD legen. "Wir stehen zusammen", sagte Holm. Zu Höcke und dem geplanten Parteiausschluss schwieg er.