Prozess um Waffenarsenal – „Reichsbürger“ muss nicht in Haft

Erstveröffentlicht: 
17.01.2017

In Hessen wird das Waffenarsenal eines mutmaßlichen „Reichsbürgers“ entdeckt. Der Mann nutzt den Prozess für einen skurrilen Auftritt – und bekommt eine Bewährungsstrafe.

 

Ein mutmaßlicher „Reichsbürger“ ist in einem Prozess wegen unerlaubten Besitzes von Waffen und Kriegswaffen mit einer Bewährungsstrafe davongekommen. Das Landgericht Hanau verurteilte den 57-jährigen Mann am Dienstag zu einem Jahr und zehn Monaten. Die Strafe für drei Jahre auf Bewährung ausgesetzt. Wenn sich der Angeklagte in dieser Zeit eine Waffe besorgt, muss er die Strafe absitzen, sagte Richter Peter Graßmück. Zudem muss der Mann 200 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.

 

Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, Waffen ohne die erforderliche Erlaubnis besessen zu habe. Darunter befanden sich laut Anklage unter anderem ein Sturmgewehr vom Typ Kalaschnikow, zwei Pistolen, Munition und ein Kanonenteil eines Jagdflugzeugs der ehemaligen deutschen Wehrmacht. Gefunden wurden die Waffen sowie zahlreiche Deko-Waffen bei einer Zwangsräumung im Juli 2015 in einem Haus in Großkotzenburg (Main-Kinzig-Kreis), wo der Angeklagte wohnte.

 

Oberstaatsanwalt Dominik Mies sprach in seinem Plädoyer von einem minderschweren Fall und forderte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten. Bei dem Angeklagten und seinen Waffen handele es sich um eine „hochexplosive Mischung“. Der Mann habe eine aggressive Haltung gegen den Rechtsstaat. Der Verteidiger sprach sich für eine Bewährungsstrafe aus.

 

Der Angeklagte bezeichnete die gefundenen Waffen als Teil einer historischen Waffensammlung seines verstorbenen Vaters. Ein Waffennarr sei er nicht. Fotos aus dem Haus legten jedoch das Gegenteil nahe. 

 

Seine langen Wortbeiträge spickte er mit vielen Fragen


Der Angeklagte könnte laut Staatsanwaltschaft den sogenannten Reichsbürgern angehören. Sie erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht an und weigern sich, amtliche Bescheide und Bußgelder zu befolgen und Steuern zu zahlen. Die Bewegung wird inzwischen bundesweit vom Verfassungsschutz beobachtet. Immer wieder begehen die Anhänger der Szene Straftaten.

 

Der Angeklagte verhielt sich so, als würde er dieser Szene angehören:  So weigerte er sich zunächst, auf der Anklagebank Platz zu nehmen. Ungefragt machte er sich außerdem daran, eine Erklärung zu verlesen. Er zog die Legitimation des Gerichts in Zweifel.

 

Richter, Oberstaatsanwalt, Zuschauer und auch seinen eigenen Anwalt stellte der Angeklagte wiederholt auf Geduldsproben. Seine langen Wortbeiträge spickte er mit vielen Fragen. Richter Graßmück erwidert mehrmals: „Ich beantworte keine Fragen. Ich bin es hier, der die Fragen stellt.“