In Rostock hat eine Gruppe Unbekannter am frühen Morgen des 22. Dezembers das Café Median, eine linke Jugendbegegnungsstätte, angegriffen. Gegen drei Uhr versuchten etwa zehn Personen die Glasscheibe der Eingangstür mit einem Hammer einzuschlagen, konnten jedoch nicht ins Innere des Cafés eindringen, teilte der Trägerverein Awiro e.V. am Donnerstag mit. An der Scheibe ist erheblicher Sachschaden entstanden. Das Median befindet sich im Erdgeschoss zweier Projekthäuser, in denen neben einem Wohnprojekt auch Proberäume für Bands und Werkstätten untergebracht sind. Es ist bereits der zweite Vorfall innerhalb weniger Tage vor dem Lokal im alternativ geprägten Stadtteil Kröpeliner-Tor-Vorstadt.
Nur vier Tage zuvor, am Sonntagmittag, hatten Neonazis vermummt vor dem Lokal posiert und dabei eine Antifa-Fahne mit Pyrotechnik angezündet. Ein Foto der Aktion wurde später auf einer Facebook-Seite Rostocker Neonazis geposted. Noch am Tag der Pyroaktion war auf einem anderen Nazi-Account eine Liste mit Adressen von Einwohnern der gesamten Niklotstraße veröffentlicht worden. Dieses Bild ist mittlerweile wieder verschwunden.
Für den Awiro hängen beide Vorfälle zusammen. „Wir sehen uns in den letzten Tagen mit einer erneuten neonazistischen Offensive gegen den Awiro e.V. und seine Räumlichkeiten konfrontiert“, sagte Sprecherin Frida Behrens. Der Versuch des gewaltsamen Eindringens in die Jugendbegegnungsstätte stelle einen vorläufigen Höhepunkt der Offensive dar. Die Vorgehensweise der unbekannten Täter war laut Zeugen in beiden Fällen ähnlich: Schnelles Zuschlagen und durchziehen der Aktion, um anschließend schnell in verschiedene Richtungen zu verschwinden.
Rostocker Neonazis zeigen seit geraumer Zeit wachsendes Selbstbewusstsein – bisher allerdings vor allem auf einer Reihe von Facebook-Seiten. Rassistische Aktivitäten beschränkten sich in den letzten Monaten hauptsächlich auf den Stadtteil Groß-Klein, in dem gegen Geflüchtete gehetzt wurde. Eine Unterkunft für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in dem Stadtteil hatte die Stadtverwaltung im Sommer nach rassistischen Protesten aus Sicherheitsgründen aufgelöst. Die jüngsten Attacken könnte eine Botschaft an die linke Szene in Rostock sein, dass der Hetze nun auch in den „linken Wohlfühlvierteln“ der gentrifizierten Innenstadt Taten folgen sollen.
Der Awiro kündigte an, sich nicht einschüchtern lassen zu wollen. Dem Hass sollen durch Bildungsangebote „solidarische und emanzipatorische Perspektiven“ entgegen gesetzt werden. Die Zivilgesellschaft der Stadt soll ermutigt werden, gemeinsam den Kampf gegen neonazistische Umtriebe in der Stadt aufzunehmen und sich mit Betroffenen rechter Gewalt zu solidarisieren.