"Die Nazis waren doch alle im Westen" – dies war und ist häufig die landläufige Meinung über den Verbleib nationalsozialistischer Täter und Mitläufer nach dem Zweiten Weltkrieg. Sind aber tatsächlich alle Nazis, die sich in der SBZ und der DDR aufhielten, ihren gerechten Strafen zugeführt worden oder frühzeitig in den Westen gegangen? Oder gab es auch in den Biografien manches Ostdeutschen braune Schatten?
Schlagzeilen aus diesem Jahr: Die Zentralstelle zur Aufklärung
nationalsozialistischer Verbrechen ermittelt in neuen Fällen gegen
ehemaliges KZ-Personal, wohnhaft in West- wie in Ostdeutschland. In
Neubrandenburg steht ein ehemaliger KZ-Sanitäter vor Gericht und in
Halle ermittelt man lediglich aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr
gegen einen in der DDR hochgeachteten Statistikprofessor, der als
SS-Mann im KZ Auschwitz diente.
Warum hatten diese Männer
ausgerechnet in der antifaschistischen DDR keine Verfolgung zu fürchten?
Eine wichtige Rolle beim Verdrängen und unter Verschluss halten von
braunen Vergangenheiten spielte die Stasi. Eine Sonderabteilung,
untergebracht in einer Villa in Hohenschönhausen, beherbergte das
sogenannte "Nazi-Archiv" – über zehn Kilometer Aktenregale mit Material
für den Propagandakampf gegen den Westen, aber auch mit Informationen
über die eigenen Alt-Nazis.
Warum wurden einige
öffentlichkeitswirksam verfolgt, andere absichtlich nicht? Ausgerechnet
der staatlich verordnete Antifaschismus entpuppt sich in der Nachschau
als ein wesentliches Hemmnis der Aufarbeitung und Strafverfolgung.
Der
Film von Christian Schulz und Claudia Gründer wirft einen kritischen
Blick auf den "einzigen antifaschistischen deutschen Staat" und auf
dessen tatsächlichen Umgang mit Alt-Nazis, NSDAP-Mitgliedern, Mitläufern
und Kriegsverbrechern, kurz: mit dem braunen Erbe der DDR.