Auf der von der Humbold-Universität zu Berlin ausgerichteten Abschlusskonferenz zum Programm „Changing Perspectives - Blickwechsel. Studien zur zeitgenössischen Türkei", müssen sich am Donnerstag türkische Professor*inen mit einer Vertreterin ihrer Aufsichtsbehörde dem Council of Higher Education (YÖK) das Podium teilen [1]. Dieses wird unter Anderem für das Erstellen von Listen ,mit aus dem türkischen Bildungssystem "auszusondernden" Personen, verantwortlich gemacht und wirkt als Kontrollorgan des türkischen Regimes im Bildungsbereich.
Prof. Beril Dedeoğlu war kurzzeitig Ministerin in Erdogans Kabinett. Nachdem Sie von Erdogan zum YÖK berufen wurde [2], war dieses aktiv an der Verfolgung von kritischen Hochschulkolleginnen und Kollegen beteiligt. Hochschulaktivistin Juliane Değirmenci dazu: “Da die Hexenjagd auf liberal und demokratisch Gesinnte auch an den Hochschulen noch anhält, ist davon auszugehen, dass schon ihre Anwesenheit ein massiver Einschüchterungsversuch kritischer Stimmen darstellt”. Hintergrund der offiziell als „Säuberung“ bezeichneten jeglichen öffentlichen Dienst betreffenden Berufsverbote und juristischen Verfahren sind neben anderen Vorwürfen die Unterzeichnung einer Friedens-Petition vom 11. januar 2016 zum schwelenden Bürgerkrieg im Osten der Türkei [3]. Erdogan hatte die Unterzeichner in erster Reaktion auf die Veröffentlichung als Verräter bezeichnet [4] und das YÖK angekündigt es würde "das Notwendige [...] im Rahmen des Gesetzes unternehmen" [4] um gegen die von ihnen zu Unterstützern von Terrroristen Erklärten vorzugehen. In den darauf folgenden Tagen wurde ein offizielles Verfahren eröffnet und am 21. Januar 27 der Mitunterzeichner*innen verhaftet [3]. Während der weiteren Verfolgung wurden auch sich solidarisch erklärende Personen vom öffentlichen Dienst ausgeschlossen, weitere Verfahren diesbezüglich eröffnet und an den Universitäten öffentlich diffamiert und physisch bedroht. Gerade letzteres hat seit dem gescheiterten Putsch noch um einiges zugenommen.