In Thüringen sind erschreckend viele Immobilien im Besitz von Neonazis, problemlos kann die extrem rechte Szene für ihre Veranstaltungen auf Gebäude zugreifen. In einem entsprechenden Länderranking stand 2013 nur Sachsen auf der Liste über Thüringen. Dass diese Immobilien auch Ausgangspunkt von Gewalttaten sein können, zeigt der „Ballstädt-Prozess“ vor dem Landgericht Erfurt.
Das von Neonazis
erworbene „Gelbe Haus“ in Ballstädt war Treffpunkt der Neonazis, die
beim Überfall auf die örtliche Kirmesgesellschaft im Februar 2014 zehn
Personen teils schwer verletzt haben. Die 15 Beschuldigten, die sich
deshalb seit Dezember 2015 vor Gericht verantworten müssen, stammen aus
der neonazistischen „Kameradschaft Jonastal“ und ihrem Umfeld, die nach
ihrem Umzug von Crawinkel ihren Mittelpunkt in Ballstädt hat. Auch die
„Hausgemeinschaft Jonastal“ in Crawinkel hatte bereits der Organisierung
und Festigung von Neonazistrukturen in Thüringen gedient.
Nun
haben Neonazis aus dieser Szene kaum zehn Kilometer von Ballstädt
entfernt eine neue Immobilie erworben. In Henningsleben, einem Ortsteil
von Bad Langensalza im Unstrut-Hainich-Kreis, kauften sie für rund
30.000 Euro einen Gebäudekomplex mit Wohn- und Nebengebäude sowie einer
Scheune. „Betrachtet man die Ereignisse im 'Gelben Haus' in Ballstädt,
ist es mehr als unwahrscheinlich, dass die weitläufige Immobilie rein
privaten Zwecken dienen soll. Schon in dem wesentlich kleineren Haus in
Ballstädt fanden Neonazi-Treffen und Rechtsrock-Konzerte statt, im
Tonstudio werden dort CDs von Rechtsrock-Bands produziert“, erläutert
Martina Renner.
Die Käufer der neuen Immobilie sind keine
Unbekannten, mindestens zwei von ihnen gehören der „Kameradschaft
Jonastal“ an und zählten schon 2011 zu den Käufern der Neonazi-Immobilie
in Crawinkel. Steffen M. stammt aus dem Umfeld der Rechtsrock-Band
„Sonderkommando Dirlewanger“ und war ebenfalls am Kauf der Immobile in
Ballstädt beteiligt. 2014 wurde er wegen Beteiligung am extrem rechten,
kriminellen Netzwerk „Objekt 21“ in Österreich zu drei Jahren Haft
verurteilt. Marco Z. ist seit mehr als 20 Jahren in der Neonazi-Szene
aktiv und kann ebenfalls auf eine Haftstrafe von knapp vier Jahren
zurückblicken. Gegen beide wurde bereits wegen des Verdachts der
Gründung einer terroristischen Vereinigung ermittelt. Neben diesen
beiden wohnt auch Rocco B. in dem neu gekauften Haus in Henningsleben.
Der heute 31-jährige spielt in Rechtsrock-Bands, wohnte bislang in Bad
Langensalza und gehört zu den angeklagten Neonazis im
„Ballstädt-Prozess“.