Wahlempfehlung aus Erfurt: Der rechte Parteiflügel der AfD will sich in Baden-Württemberg auf die vorderen Listenplätze schieben.
STUTTGART taz | Vor dem Nominierungsparteitag der AfD-Landesliste zur Bundestagswahl übernächstes Wochenende in Kehl bringt sich Björn Höckes rechter Flügel auch in Baden-Württemberg in Stellung. In einer Mail an die „lieben Freunde des Flügels“, die Eugen Ciresa Chef des Kreisverbands Ulm verschickt hat und die der taz vorliegt, wird den Unterzeichnern der Erfurter Erklärung bekanntgegeben, dass sich „folgende Flügelkandidaten“ aus „strategischen Gründen“ bereits auf Listenplätze festgelegt hätten.
So kandidiert auf dem prominenten Platz 3 der Freiburger Rechtsanwalt Dubravko Mandic, und konkurriert dort vermutlich mit dem Partei-Intellektuellen und Philosophen Marc Jongen. Gegen den Anwalt Mandic hatte der Landesvorsitzende Jörg Meuthen 2015 wegen rechtsextremer und rassistischer Äußerungen bereits ein Partei-Ausschlussverfahren angestrengt – und wieder eingestellt. Derzeit ermittelt die Polizei wegen Beleidigung gegen das Mitglied des Parteischiedsgerichts. Er hatte über Facebook ein Bild der Nazi-Kriegsverbrechern verbreitet in das die Köpfe von SPD und Grünen-Politiker hineinmontiert worden sind.
Ebenfalls auf der Flügel-Liste vertreten ist Raimond Hoffmann, stellvertretender Vorsitzender von Markus Frohnmaier bei der jungen Alternative. Hoffmann, der eine Zeit als Finanzreferent der Thüringer AfD-Fraktion arbeitete, ließ sich nach Aussagen von Beobachtern damals auch mit bekannten Neonazis sehen. Bei Facebook bekundet der Mann stets adrett gekleidete Mann seine Sympathie für US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump und die „Identitäre Bewegung“. Ein weiterer Flügel-Kandidat ist der frühere Autor der Jungen Freiheit und Offenburger Stadtrat Taras Maygutiak.
Auch Eugen Ciresa der Absender der Kandidatenliste will kandidieren und findet sich auf Platz 10 der Liste. Ciresa gehört zu den Erstunterzeichnern der Erfurter Erklärung und war im Landtagswahlkampf aufgefallen, weil er Lieder der Neonaziband „Lustige Zillertaler“ bei Facebook geteilt hat. Ciresa erklärte, dies später zu einem Versehen. Aber auch auf dem Parteitag 2015 hatte er sich nach Presseberichten dagegen gewandt, dass „Frauen mit Privilegien zu Lasten von Männern ausgestattet würden“.
„Liebe zu Volk und Vaterland“
Auf Nachfragen der taz erklärt Ciresa die Liste könne man schon als Wahlempfehlung verstehen. In erster Linie sei es aber darum gegangen zu verhindern, dass Flügelsympathisanten gegeneinander um Listenplätze konkurrieren. Das Vorgehen sei nicht mit dem Landesvorstand abgesprochen, erklärte Ciresa. „Der hat damit nichts zu tun“. Dies bestätigt der Bundes- und Landesvorsitzende Jörg Meuthen. Er werde sich zu der Flügel-Liste nicht öffentlich äußern, erklärte Meuthen, sei aber sicher, dass auf dem Parteitag am Ende eine „interessante Landesliste“ entstehe. Auch das bei der Listenaufstellung offenbar Björn Höcke anwesend war, will Meuthen nicht bewerten.
Denn anders als von einer Sprecherin des rechten Parteiflügels Anja Markmann beteuert, ist die Liste offenbar bei einem Treffen am Sonntag in Ludwigsburg zusammen mit dem Thüringer Parteirechtsaußen und Meuthen-Kontrahenten entstanden. Er wolle sich nicht in die Angelegenheiten anderer Landesverbände einmischen, hatte Höcke vor den Flügel-Freunden in einer Rede beteuert, legte aber ein paar allgemeine Maßstäbe für AfD-Bundestagskandidaten vor: Gut sei es, wenn Kandidaten verheiratet wären, Kinder hätten und „3000 Jahre deutsche Geschichte“ kennen würden, erklärte Höcke unter Applaus. Zudem müssten sie natürlich „Volk und Vaterland lieben“. Zumindest das letzte Kriterium versichert Eugen Ciresa, würden alle Kandidaten auf der Flügel-Liste erfüllen.