Antifa verwüstet Wohnung von Lok-Hooligan

Erstveröffentlicht: 
15.11.2016
Video im Internet / Auftakt einer Serie?

 

Am helllichten Tag schlagen vermummte Angreifer die Scheibe am Eingang eines Hauses in Großzschocher ein. Im Video, das Stunden später mit einem Bekennerschreiben auf dem linken Szeneportal Indymedia veröffentlicht wird, sind drei bis vier Täter zu sehen. Zielgerichtet stürmen sie die Treppen hinauf bis zur Wohnung von Istvan R. (29), eines stadtbekannten Rechtsextremen. Fast ein Dutzend Mal rammen sie einen Feuerlöscher gegen die Tür, bis diese nachgibt. Auf Wänden und Fußböden versprühen die maskierten Männer eine schwarze Flüssigkeit, vermutlich Bitumen. Die Toilette und Elektrogeräte zerdreschen sie mit einem Hammer.

 

Die Attacke am Sonntag gegen 11.40 Uhr, kurz vor Anpfiff des Fußballderbys zwischen Lok und Chemie, war womöglich der Auftakt einer größer angelegten Vergeltungsaktion der Antifa gegen jene Neonazis und Hooligans, die am 11. Januar an den Krawallen in der Connewitzer Wolfgang-Heinze-Straße beteiligt waren. Äußerungen in dem Bekennerschreiben legen dies nahe.

 

Istvan R. soll unter jenen 215 Randalierern gewesen sein, die nach dem Angriff auf das linksalternative Szeneviertel von der Polizei festgesetzt worden waren. Er ist seit Jahren einer der führenden Köpfe der rechtsextremen Szene in Leipzig. 2008 versuchte er, den Mord an seiner achtjährigen Nichte Michelle für politische Zwecke zu vereinnahmen. Ein Jahr später kandidierte er bei den Kommunalwahlen für die NPD. Auf dem Video von dem Überfall ist zu sehen, dass neben seinem Fernseher ein Adolf-Hitler-Porträt steht. Zum Derby am Sonntag war er einer von 150 Lok-Fans, gegen die aufgrund früherer Vergehen bei Fußballspielen ein Aufenthaltsverbot für Leutzsch verhängt worden war, bestätigte Polizeisprecher Andreas Loepki.

 

Gleichwohl haben die Angreifer offenbar damit gerechnet, dass R. „mit seinen Kameraden das Derby verfolgt“, wie es in dem Indymedia-Text heißt, und somit nicht zu Hause sein würde. Ermittler gehen davon aus, dass das Wohnumfeld zuvor gründlich ausspioniert wurde, vermutlich auch unmittelbar vor der Tat. Istvan R. werde „nicht das erste und wird auch nicht das letzte Nazischwein sein, das für faschistische Organisation und Angriffe, wie den am 11. Januar, zur Rechenschaft gezogen wird“, so die Antifa-Gruppe auf Indymedia. „Wir kriegen euch alle!“

 

Gestern übernahmen das auf politische Straftaten spezialisierte Operative Abwehrzentrum (OAZ) der Polizei und die Leipziger Staatsanwaltschaft die Ermittlungen. „Das OAZ geht nach den bisherigen Erkenntnissen von einer politisch linksextremistisch motivierten Tat bisher unbekannter Täter aus“, so Behördensprecherin Kathleen Doetsch. „Der Geschädigte ist dem politisch rechten Spektrum und der Fußballszene zuzurechnen.“

 

Auf einem Internetportal der rechten Szene wird inzwischen eine „große Belohnung bei nachvollziehbaren Informationen“ in Aussicht gestellt. Via Kurznachrichtendienst Twitter drohen auch mutmaßliche Hooligans mit Rache.F. D.