Nach der Kommunalwahl kommt im Landkreis Uelzen am 1. November zum
ersten Mal der neu gewählte Kreistag zusammen. 18 der 42 Abgeordneten
ziehen neu in den Kreistag ein. Zwei der Fraktionen waren bisher nicht
vertreten: die der AfD und der Linken.
Die AfD sitzt künftig mit
drei Abgeordneten im Kreistag, einer von ihnen ist Maik Hieke. Der
Rechtsanwalt will nach eigener Aussage in seiner Amtszeit die Stimmung
der Bevölkerung in den Uelzener Kreistag bringen. "Uns wird oft
vorgeworfen, populistisch zu sein", sagt der AfD-Politiker. "Wenn man
dieses Wort richtig auslegt, heißt es, die Stimmungen der Wähler und
Bevölkerung aufzunehmen." Das wolle er im Kreistag umsetzen und könne
sich dafür auch parteiübergreifende Zusammenarbeit vorstellen.
AfD-Abgeordneter war auf völkischem Maitanz
NDR
Recherchen haben jetzt ergeben, dass Maik Hieke am 30. April dieses
Jahres am sogenannten "völkischen Maitanz" teilgenommen hat. Bei dem
Treffen versammelten sich mehr als 200 Menschen auf einem Hof in
Bienenbüttel. Nach Ansicht von Experten handelte es sich dabei um das
größte Treffen von Rechtsextremen in Norddeutschland. Daran hätten auch
NPD-Politiker und ehemalige Mitglieder der heute verbotenen
Wiking-Jugend teilgenommen.
Auf Nachfrage räumt Maik Hieke ein,
auf dieser Veranstaltung gewesen zu sein, es habe sich aber lediglich um
ein "Tanzvergnügen" gehandelt. "Dort wird vom frühen Abend bis früh
morgens getanzt und mehr findet dann auch nicht statt", so Hieke. "Wo
findet man denn heutzutage noch traditionellen Volkstanz?"
Verfassungsschutz und Bundesregierung warnen
Laut
niedersächsischem Verfassungsschutz diente der "Maitanz" in
Bienenbüttel allerdings der Gemeinschaftspflege sogenannter "völkischer
Siedler". Diese verbreiteten ein Gedankengut, das typisch für
rechtsextremistische Organisationen ist. "Zum Selbstverständnis
völkischer Organisationen gehört es, neben Brauchtumsfeiern auch
Kinder-und Jugendlager sowie Volkstanz- und Musikwochenenden
durchzuführen", heißt es vom Verfassungsschutz. Die Bundesregierung
stuft zwar nicht alle Siedler per se als rechtsextremistisch ein, warnte
aber schon im Jahr 2013 davor, dass einzelne dieser völkischen Siedler
versuchen könnten, in Vereinen, Kirchen und Politik ihre teils
rassistische Ideologie zu verbreiten. "Hierdurch könnte es zu einer
negativen Einflussnahme auf örtliche zivilgesellschaftliche und
politische Strukturen bis hin zur Erringung von Mandaten bei künftigen
Kommunalwahlen kommen", schrieb die Bundesregierung vor drei Jahren als
Antwort auf eine Anfrage der SPD-Fraktion.
Hieke: "Warum soll denen das Tanzen verboten sein?"
Rechtsextremismusexperten halten Brauchtumsfeiern wie den "völkischen Maitanz" in Bienenbüttel für gefährlich: Dort würden NS-Traditionen ungefiltert auch an Kinder weitergegeben. Der neue Uelzener Abgeordnete Maik Hieke bleibt dabei: Er sei nur zum Tanzen bei dem Treffen gewesen. "Ich kenne da ja nicht alle 200 Leute und weiß nicht, ob jemand in der Wiking-Jugend war oder der NPD angehört." Und selbst wenn, fragt Hieke, "warum soll denen das Tanzen verboten sein? Warum soll ich mit denen nicht auf demselben Tanzboden stehen? Ich gehe ja auch einkaufen, ohne dass ich weiß, wer neben mir an der Kasse steht. Deswegen habe ich da keine Bedenken." Dass Extremisten zur Veranstaltung kämen, könne man außerdem nicht ausschließen, weil keine Einlasskontrollen gemacht würden, so Hieke. Tatsächlich kommt man jedoch nur mit einer Einladung auf das Fest.
"Geselliges Beisammensein von Männern"
Seit
seiner Studienzeit ist Maik Hieke Mitglied in der Burschenschaft
"Danubia". Diese wird im bayerischen Verfassungsschutzbericht unter dem
Punkt "Sonstige rechtsextremistische Organisationen" geführt. Bei
Veranstaltungen der Burschenschaft "traten seit Jahren auch Referenten
aus dem rechtsextremistischen Bereich auf", heißt es im
Verfassungsschutzbericht. Hieke sagte dem NDR, er habe vor Eintritt in
die Burschenschaft von der Beobachtung durch den Verfassungsschutz
gewusst. Den Vorwurf, dass die Danubia Referenten aus dem rechten
Spektrum einlädt, habe er aber nicht verstanden, weil auch Grüne und
Linke eingeladen würden. "Deshalb habe ich für mich keinen Grund
gesehen, Abstand zu nehmen", so Hieke. Er sei einfach schon immer ein
Anhänger des Vereinslebens und des "geselligen Beisammenseins von
Männern" gewesen.
Die sieben Parteien im Uelzener Kreistag
Im neuen Uelzener Kreistag sind ab 1. November insgesamt sieben Parteien vertreten. Die CDU ist mit 15 Sitzen stärkste Kraft, gefolgt von der SPD (11 Sitze). Außerdem vertreten sind: Die Grünen (6), die Unabhängigen Wählergemeinschaft Uelzen (4), die AfD (3), die FDP (2) und die Linke (1). Jakob Blankenburg (SPD) ist mit 19 Jahren der jüngste Neuling im Uelzener Kreisparlament. "Ich will mich im Kreistag vor allem für junge Leute einsetzen", sagt der Politikstudent. Er wolle für besseren Internetzugang kämpfen und die Schulen im Landkreis besser ausstatten. Ähnliche Vorstellungen hat auch der 25-jährige Max Lemm von der CDU. "Die Schulgebäude werden nicht jünger", sagt der Lehramtsstudent. Deshalb müsse mit Bedacht in die Sanierung investiert werden.
Vom Landtag in den Kreistag
Als einziger Linken-Abgeordneter fordert Martin Platzer, dass Geringverdiener ein Sozialticket für den Nahverkehr bekommen sollten und, dass der Internetempfang auf dem Land verbessert wird. Mit politischer Erfahrung kommt Heiner Scholing von den Grünen in den Kreistag. Der ehemalige Schulleiter sitzt schon seit dreieinhalb Jahren im Landtag und wird dort auch sein Mandat fortführen. Zusätzlich wolle er aber auch sehen, wie sich das, was er in Hannover mitentscheidet, auf kommunaler Ebene auswirkt. Etwa, was es für Förderschulen im Kreis bedeutet, wenn die Landesregierung die Inklusion von behinderten Schülern beschließt.