Ermittlungen: Angehörige werfen den Polizeibeamten vor, den Kneipenwirt mit unverhältnismäßiger Härte geschlagen und fixiert zu haben. Das Obduktionsergebnis sieht diese Verletzungen nicht als todesursächlich
Bielefeld-Brake. Es ist ein ungewöhnlicher Fall: Polizisten werden am Samstag, 15. Oktober, gegen Mitternacht zu einer Ruhestörung nach Brake gerufen. Nicht selten müssen Beamte in Fällen, in denen Alkohol und Drogen im Spiel sind, Gewalt anwenden. Doch diesmal eskaliert die Situation: Der türkische Festgenommene (39) ist später von Hämatomen übersät. 34 Stunden nach seiner Festnahme wird er für tot erklärt. Die Ursache ist bis heute unklar.
Seine Ehefrau hat Anzeige erstattet - gegen unbekannt. Anwalt Peter Wüller: "Meine Mandantin möchte wissen, woran ihr Mann gestorben ist. Angesichts der Vorkommnisse in dieser Nacht können wir nicht absehen, ob der Polizeieinsatz mitursächlich war", erklärt der erfahrene Anwalt.
Was war passiert? Nach Angaben der ermittelnden Staatsanwältin Stefanie Jürgenlohmann hatte der Kneipenwirt seine Ehefrau besucht, von der er getrennt lebt. Weil er Alkohol und Kokain konsumiert hatte, warf sie ihn zwischen 23 und 24 Uhr aus der Wohnung. Doch der 39-Jährige protestierte so laut, dass Nachbarn die Polizei riefen.
Als der Streifenwagen mit einem männlichen und zwei weiblichen Beamten erschien, eskalierte die Situation. Nach NW-Informationen hatte der Wirt in diesem Zustand - die Staatsanwältin spricht von drogenpsychotischem Verhalten - regelmäßig panische Angst vor der Polizei. Er wollte sich verschanzen. Laut Wüller verhinderte das ein Beamter, der den Ruhestörer durch den Türschlitz mehrfach mit der Faust ins Gesicht schlug. Auch wurden große Menge Pfefferspray eingesetzt.
Später lag der Festgenommene lange Zeit bäuchlings und mit Kabelbindern fixiert auf dem Rasen. Der Festgenommene schrie nach Allah und bat Angehörige um Hilfe: "Die wollen mich umbringen." Ein Beamter soll sich daraufhin auf ihn gesetzt und sein Gesicht in den Rasen gedrückt haben. Zeugen hörten den Beamten: "Ruf Du nur weiter nach Deinem Gott."
Laut Wüller verschlechterte sich der Zustand des Festgenommenen nun zusehends, aber der Abtransport mit dem Rettungswagen verzögerte sich. Als er endlich auf der Fahrt ins Krankenhaus war, kollabierte der Patient. Sechsmal musste der Wirt wiederbelebt werden. Am Montag um 10 Uhr starb er im Krankenhaus.
Weil auch dort nicht eindeutig zu erfahren war, woran der 39-Jährige gestorben sein könnte, beschlagnahmte die Staatsanwaltschaft den Leichnam für eine Obduktion. Das Ergebnis: "Der Tote hatte Hämatome im Gesicht, Abschürfungen und Schnittwunden durch Kabelbinder an den Hand- und Fußgelenken", erklärte Jürgenlohmann. Wüller hat sich Bilder des Toten zeigen lassen: "Dabei dachte ich gleich: Hier muss etwas schief gelaufen sein."
Die Rechtsmedizin schließt aber aus, dass diese Verletzungen todesursächlich waren, so Jürgenlohmann. Deshalb müsse man nun auf das Ergebnis der toxikologischen und feingeweblichen Analyse warten. Das könne allerdings noch Wochen dauern.
Die Polizei wollte sich zu den Vorfällen nicht äußern.