Erzgebirgs-Tour: Islam-Info im sächsischen Bibelgürtel

Erstveröffentlicht: 
22.10.2016

Unter dem Motto "Muslime für Frieden, Freiheit und Loyalität" führt die islamische Ahmadiyya-Gemeinde derzeit eine Info-Kampagne im Erzgebirge durch. Die Aktion soll laut eigener Aussage Ängste abbauen und Wissen vermitteln.

von Marc Wauschkies

 

Es ist kalt und regnerisch an diesem Sonnabendmorgen in der Annaberger Fußgängerzone. Einige Passanten eilen, den Kopf tief eingezogen, die Straße entlang und huschen in die Geschäfte auf der Buchholzer Straße. Gegenüber einem Drogeriemarkt bauen junge Männer einen Info-Stand auf. "Liebe für alle, Hass für keinen" steht auf dem blauen Zelt. Die Männer sind Mitglieder der Ahmadiyya-Gemeinde Deutschland und wollen an diesem Vormittag in Annaberg-Buchholz für ihr Verständnis des Islams werben. Ein ambitioniertes Ziel. Schließlich gilt das Erzgebirge als die konservativste christliche Region in Sachsen, vergleichbar mit dem Bibel-Gürtel in den USA.

 

"Wir wollen die Menschen aufklären und helfen, Vorurteile abzubauen", sagt Mohammad Rizwan in perfektem Deutsch. Der gebürtige Pakistaner kommt aus einer Gemeinde in Hessen und unterstützt seine Glaubensbrüder in Sachsen. "Die meisten Leute wollen wissen, ob der Islam tolerant ist, wie wir zum islamistischen Terror stehen, zur Verschleierung oder Gleichberechtigung", erklärt der junge Mann. Rizwan und seine Mitstreiter wollten den Leuten im Erzgebirge die schönen Seiten ihrer Religion zeigen. Dazu haben sie Flyer und Broschüren mitgebracht, die sie an interessierte Passanten verteilen wollen. 

 

Ablehnung und Neugier


Das Interesse hält sich jedoch in Grenzen. Viele empfinden die Moslems in der Annaberger Fußgängerzone als Fremdkörper und weichen dem Stand und den Aktivisten aus. "Wir haben in 500 Jahren das hier alles aufgebaut", sagt ein Mann mittleren Alters, "Moslems brauchen wir nicht". Einige Passanten nehmen aber doch das eine oder andere Flugblatt mit. "Ich finde es wichtig, sich selber ein Bild über den Islam zu machen", sagt eine ältere Dame und steckt eines der Flugblätter ein. Eine andere Frau, die mit ihrer Tochter auf einem Einkaufsbummel durch die Innenstadt ist, findet die Idee der Kampagne gut. "Wenn die auf ihren T-Shirts 'Muslime für den Frieden' stehen haben, finde ich das ok. Wenn es um den Frieden geht, sollten alle miteinander zusammenarbeiten. Da ist es mir egal, ob einer Moslem oder sonst was ist." 

 

Für Gleichberechtigung - ohne Frauen

 

Eine andere junge Frau nimmt einen Koran mit. "Meine Tochter macht demnächst in der Schule einen Vortrag über Weltreligionen. Da kann sie das gut verwenden", sagt die Annabergerin und steckt gleich noch einige Faltblätter ein. Darin wird erklärt, dass die Ahmadiyya-Gemeinde für Toleranz im Umgang mit Andersgläubigen und für die Gleichberechtigung von Mann und Frau ist. Frauen aus der Ahmadiyya-Gemeinde sind an diesem Vormittag allerdings keine zu sehen.

 

"Das hat in erster Linie mit der Sicherheit zu tun", erklärt Mohammad Rizwan. Man wolle die Frauen nicht gefährden. So seien sie bei einer früheren Aktion von einer Gruppe junger Deutscher beschimpft und bedroht worden. Mit der Resonanz der Straßenaktion an diesem Vormittag ist Rizwan zufrieden. "Es gibt natürlich auch Vorurteile." Aber das hat seiner Meinung nach mit Unwissenheit zu tun. "Vielleicht liegt das daran, dass die Menschen den Islam nicht kennen. Aber deswegen sind wir ja hier."